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  Der IAEA-Gouverneursrat auf Bonkers Weg

Gordon Prather 

Die Mitglieder des Gouverneursrates der IAEA (Internationale Atomernergieorganisation), die offensichtlich die Länder repräsentieren, die zu Ende bringen wollen, was Bonkers Bolton (John „Bonkers“ Bolton – hochrangiger Diplomat der Vereinigten Staaten von Amerika, bekannt als besonderer Hardliner, d.Übers.) begonnen hat – den Atomwaffensperrvertrag zu demontieren – haben laut New York Times einen Sieg errungen. 

Gemäß den Statuten der IAEA ist es oberstes Ziel der Organisation, „den Beitrag der Atomenergie für Frieden, Gesundheit und Prosperität auf der ganzen Erde auszuweiten und zu beschleunigen.“

Der derzeitige Generaldirektor Mohamed ElBaradei hat gerade seinen Bericht dem Gouverneursrat am Beginn von dessen vierteljährlichem Treffen vorgelegt.

Ganz oben auf seiner Liste standen Aktivitäten von IAEA-Mitgliedsstaaten im Programm für technische Kooperation, bei denen es um die sichere Anwendung von nuklearer Energie für menschliche Gesundheit und Nahrung und in der landwirtschaftlichen Produktion geht.  

Danach folgte seine Einschätzung, die IAEA solle „weiterhin eine hohe Nachfrage nach ihrer Mithilfe“ von ihren Mitgliedsstaaten erwarten, „die die Möglichkeiten des Einsatzes der Atomenergie ausloten,“ ungeachtet „der globalen Finanzkrise.“

Demzufolge betonte ElBaradei die Notwendigkeit, über „robuste, gut begründete und unabhängige“ Sicherungsvorkehrungen und ein Sicherheitsprogramm zu verfügen. 

ElBaradei beklagte dann, was er als unzureichende Finanzierung betrachtet, besonders in Hinblick auf die Fähigkeit der IAEA, effektiv auf „dringende menschliche Bedürfnisse in Entwicklungsländern“ zu reagieren.
Als nächstes sprach sich ElBaradei aus für eine von Russland vorgeschlagene Bank für international kontrolliertes für den Gebrauch in Kernkraftwerken angereichertes Uran - „um die Versorgung sicherzustellen“ - für unter dem Schutz der IAEA stehende Einrichtungen für den Fall einer politisch begründeten Unterbrechung bestehender oder zu erwartender Lieferabkommen.

Schließlich äußerte sich ElBaradei zu einigen “anhaltenden Schwierigkeiten” mit (illegal) an ihn – auf Betreiben von Bonkers Bolton – seitens des Gouverneursrates und in der Folge seitens des UN-Sicherheitsrats gestellten Anforderungen betreffend Nordkorea, Iran und Syrien.

An dieser Stelle ist es angebracht, einen längeren Ausschnitt aus der hoch relevanten Erklärung zu zitieren, die die Bewegung der Blockfreien Staaten (NAM – Non-Aligned Movement) zur gleichen Zeit dem Gouverneursrat der IAEA vorgelegt hat.

Die Erklärung der Bewegung der Blockfreien Staaten beginnt mit der Wiederholung dieser „Grundsatzpositionen“:

1.      Die Bewegung der Blockfreien Staaten bestätigt nochmals das grundlegende und unveräußerliche Recht aller Staaten, die Erzeugung und Nutzung der Atomenergie für friedliche Zwecke zu entwickeln und zu erforschen, ohne jegliche Benachteiligung und entsprechend ihren jeweiligen gesetzlichen Verpflichtungen. Aus diesem Grund soll nichts dahingehend interpretiert werden, dass das Recht von Staaten auf die Entwicklung von Atomenergie für friedliche Zwecke unterbunden oder einschränkt wird. Die Wünsche und Entscheidungen von Staaten einschließlich der Islamischen Republik Iran betreffend die friedliche Nutzung der Atomenergie und die damit verbundene Politik der Aufbereitung des nuklearen Brennstoffs müssen respektiert werden.

2.      Die Bewegung der Blockfreien Staaten anerkennt die IAEA als einzige kompetente Behörde für die Überprüfung der Einhaltung der entsprechenden Sicherheitsmassnahmen durch die Mitgliedsstaaten und betont, dass die IAEA keinem ungebührlichen Druck oder Einfluss bei ihren Aktivitäten, besonders ihrer Überwachungstätigkeit ausgesetzt sein soll, der ihre Effizienz und Glaubwürdigkeit gefährden würde.

3.      Die Bewegung der Blockfreien Staaten betont den grundlegenden Unterschied zwischen den gesetzlichen Verpflichtungen von Staaten, ihre jeweiligen Sicherheitsabkommen einzuhalten und vertrauensbildenden Massnahmen, die freiwillig gesetzt werden, um verschiedene Angelegenheiten zu klären und glaubt, dass solche freiwillige Schritte nicht als gesetzliche Sicherheitsverpflichtungen anzusehen sind.

4.      Die Bewegung der Blockfreien Staaten betrachtet die Einrichtung einer atomwaffenfreien Zone im Mittleren Osten als einen positiven Schritt in Richtung des Ziels einer globalen atomaren Abrüstung und bringt erneut ihre Unterstützung für die Einrichtung einer solchen Zone in Übereinstimmung mit den entsprechenden Resolutionen der Generalversammlung und des Sicherheitsrates zum Ausdruck.

5.      Die Bewegung der Blockfreien Staaten bestätigt noch einmal die Unverletzlichkeit friedlicher nuklearer Aktivitäten, und dass jeder Angriff oder jede Drohung mit einem Angriff gegen friedliche nukleare Einrichtungen – in Betrieb oder im Aufbau – eine große Gefahr für Menschen und Umwelt darstellt und ein schwerer Verstoß ist gegen Internationales Recht, Grundsätze und Ziele der Charta der Vereinten Nationen und die Regeln der IAEA. Die Bewegung der Blockfreien Staaten sieht die Notwendigkeit für ein umfassendes multilateral vereinbartes Instrumentarium für die Verhinderung von Angriffen oder von Drohungen mit Angriffen auf nukleare Einrichtungen, die der friedlichen Nutzung der Kernenergie gewidmet sind.

6.       Die Bewegung der Blockfreien Staaten ist der Ansicht, dass alle Angelegenheiten betreffend Sicherheitsmaßnahmen und Überprüfung einschließlich der den Iran betreffenden im Rahmen der IAEA behandelt werden sollen, auf der Grundlage der technischen und gesetzlichen Vorgaben. Die Bewegung der Blockfreien Staaten betont weiters, dass die IAEA mit der Behandlung der nuklearen Angelegenheiten des Iran auf der Grundlage ihres Auftrags gemäß dem Statut der IAEA fortfahren sollte.

7.      Die Bewegung der Blockfreien Staaten betont, dass Diplomatie und Dialog auf friedliche Weise fortfahren müssen, eine umfassende und langfristige Lösung für die nukleare Angelegenheit des Iran zu finden. Die Bewegung der Blockfreien Staaten ist überzeugt, dass der einzige Weg zur Lösung dieser Angelegenheit über substantielle Verhandlungen ohne Vorbedingungen zwischen allen relevanten Parteien führt.  

Die Erklärung der Bewegung der Blockfreien Staaten nimmt dann „zur Kenntnis“, dass Generaldirektor ElBaradei in seinem letzten Bericht über die Umsetzung des Sicherheitsabkommens mit dem Iran bestätigt hat, dass keine unter den Atomsperrvertrag fallenden Substanzen für militärische Zwecke abgezweigt worden sind.

Aber wie sieht´s aus mit der Einhaltung (oder Nichteinhaltung) der Resolutionen 1737, 1747, 1803 und 1836 des UN-Sicherheitsrats durch den Iran?

Lesen Sie noch einmal die “Grundsatzpositionen” der Bewegung der Blockfreien Staaten und beachten Sie besonders die zweite.

Die Bewegung der Blockfreien Staaten ist ganz klar der Auffassung, und zwar grundsätzlich der Auffassung, dass der Rat der IAEA nie – in Verletzung des IAEA-Statuts – den Iran (oder irgend ein anderes Mitglied der Bewegung der Blockfreien Staaten) auffordern hätte dürfen, seine „unveräußerlichen Rechte“ auf den höchstmöglichen Genuss der Vorteile der nuklearen Energie aufzugeben. 

Auch hätte der Gouverneursrat der IAEA nicht versuchen dürfen – in Verletzung des IAEA-Statuts und der UNO-Charta – sich in Angelegenheiten der Innen- und Außenpolitik des Iran oder irgendeines anderen Mitglieds der Bewegung der Blockfreien Staaten einzumischen.

Warum sollte der Gouverneursrat der IAEA die Erklärung der Bewegung der Blockfreien Staaten beachten?

Die Mitglieder der Bewegung der Blockfreien Staaten machen fast zwei Drittel der Mitglieder der Vereinten Nationen und der IAEA aus und umfassen mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung.

Sie sind allerdings nicht im Verhältnis im 35 Mitglieder umfassenden Gouverneursrat vertreten.

So hat also laut Berichten der Gouverneursrat – mit mehr als der erforderlichen Zweidrittel-Mehrheit – Yukiya Amano, einen japanischen Diplomaten, der bereits 2005-2006 den Vorsitz im Gouverneursrat geführt hat, zum Nachfolger ElBaradeis als Generaldirektor der IAEA bestimmt.

Laut David Kay, einem ehemaligen Mitarbeiter im IAEA-Sekretariat ist Yukiya Amano „ein Nichtweitergabe- und Abrüstungsmann ... Er hat versucht, die [vom UN-Sicherheitsrat angeordneten] Inspektionen in Iran weiterzuführen und ich erwarte, dass er auf dieser Linie weitermachen wird.“

Laut Amanos Werdegang in der IAEA war er „beteiligt an den Verhandlungen über bedeutende internationale Abkommen wie die Ausweitung des Atomwaffensperrvertrags (NPT), das Abkommen über das Verbot von Atomwaffentests (CTBT), das Abkommen über biologische und chemische Waffen (BTWC), das Abkommen über die Einschränkung des Gebrauchs bestimmter konventioneller Waffen (CCW) und den internationalen Verhaltenskodex gegen ballistische Raketen (ICOC).“ 

Offensichtlich wird diese umfassende Erfahrung Generaldirektor Amano befähigen, sein wichtigstes Ziel zu erreichen, nämlich „den Beitrag der Atomenergie zu Frieden, Gesundheit und Prosperität auf der ganzen Erde auszuweiten und zu beschleunigen.“

Offensichtlich.

 
     
  erschienen am 4. Juli 2009 auf > www.antiwar.com > http://original.antiwar.com/prather/2009/07/03/iaea-board-goes-bonkers/  
     
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