HOME     INHALT     INFO     LINKS     ARCHIV     KONTAKT
 
     
  Kann sich die Wirtschaft wieder erholen?

Paul Craig Roberts

Es gibt keine Wirtschaft,die sich erholen könnte. Die produzierende Wirtschaft der Vereinigten Staaten von Amerika wurde der Auslagerungs- und Freihandelsideologie geopfert. Sie wurde ersetzt durch eine mythische „Neue Wirtschaft.“

Die “Neue Wirtschaft” beruhte auf Dienstleistungen. Ihr künstliches Leben wurde genährt von den künstlich niedrig gehaltenen Zinssätzen der U.S.-Notenbank, was zu einer realen Immobilienblase führte und durch die finanzielle Deregulierung unter dem Motto „Freier Markt“ die Finanzgangster in neue Höhen von Verschuldung und betrügerischen Finanzprodukten vordringen ließ. 

Die reale Wirtschaft wurde verschachert für eine fiktive Wirtschaft. Als die fiktive Wirtschaft kollabierte, verringerte sich auch der Besitz der Amerikaner an Immobilien, Pensionen und Ersparnissen dramatisch, während ihre Arbeitsplätze verschwanden. 

Die Schuldenwirtschaft brachte die Amerikaner dazu, ihren Besitz einzusetzen. Sie finanzierten ihre Häuser um und gaben ihren Eigenanteil aus. Sie legten sich reihenweise Kreditkarten zu. Sie arbeiteten in so vielen Jobs wie sie nur finden konnten. Die Steigerung der Schulden und mehrfache Familieneinkommen hielten die Wirtschaft in Gang. 

Und jetzt können die Amerikaner sich auf einmal nichts mehr ausleihen, um ausgeben zu können. Sie stecken bis über die Köpfe in Schulden. Arbeitsplätze verschwinden. Amerikas Konsumwirtschaft, etwa 70% des Bruttosozialprodukts, ist tot. Diejenigen Amerikaner, die noch einen Arbeitsplatz haben, sparen für den Fall, dass sie diesen verlieren. Millionen sind obdachlos. Einige sind mit Familie und Freunden zusammengezogen, andere leben in Zeltstädten.

Mittlerweile ist das Budgetdefizit der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika von US$ 455 Milliarden im Jahr 2008 auf $ 2.000 Milliarden heuer hinaufgeschnellt, mit bereits verausgabten weiteren 2.000 Milliarden für das Jahr 2010. Und Präsident Obama hat Amerikas teuren Aggressionskrieg gegen Afghanistan intensiviert und einen neuen Krieg gegen Pakistan begonnen.

Diese Defizite können nur durch den Druck von Banknoten oder durch den weiteren Zusammenbruch der Aktienmärkte finanziert werden, was die Menschen vom Eigenkapital zu Rentenwerten treiben würde.

Das Budget der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika steckt zu 50 % in den roten Zahlen. Das heißt, von jedem Dollar, den die Bundesregierung ausgibt, muss ein halber ausgeliehen oder gedruckt werden. Aufgrund des weltweiten Debakels, das durch das Wall Street-Gangstertum verursacht worden ist, braucht die Welt ihr eigenes Geld selbst und hat nicht US$ 2 Billionen, die sie im Jahr an Washington verleihen kann.

Während die Dollars gedruckt werden, trägt deren immer größere Menge dazu bei, den Druck auf die Rolle des Dollars als Reservewährung zu erhöhen. China, der größte Kreditgeber der Vereinigten Staaten von Amerika, mahnt bereits Washington, die chinesischen Veranlagungen in U.S.-Schulden zu schützen und macht Stimmung für eine neue Reservewährung, die den Dollar ersetzen soll, bevor dieser zusammenbricht. Laut verschiedenen Berichten gibt China seine U.S.-Dollars aus und erwirbt dafür Gold und Bestände von Rohstoffen und Energie.

Der Preis für eine Unze Goldmünzen beträgt U.S. $ 1.000 trotz der Bemühungen der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika, den Goldpreis niedrig zu halten. Wie hoch wird dieser Preis hinaufschnellen, wenn der Rest der Welt befindet, dass der Bankrott der „einzigen Supermacht der Welt“ bevorsteht?

Und was wird passieren mit Amerikas Fähigkeit, nicht nur Öl zu importieren, sondern auch die Güter, von deren Import es abhängig ist?

Wenn der überbewertete U.S.-Dollar seine Rolle als Reservewährung einbüßt, werden die Vereinigten Staaten von Amerika nicht mehr länger in der Lage sein, für ihre gewaltigen Importe von Gütern und Dienstleistungen mit Papierfetzen zu bezahlen. Über Nacht wird es zu Engpässen bei der Versorgung kommen und die Amerikaner werden ärmer sein.

Nichts in der Wirtschaftspolitik der Präsidenten Bush und Obama geht auf die wirklichen Probleme ein. Stattdessen wurde Goldman Sachs aus der Klemme geholfen, mehr als einmal. Wie Eliot Spitzer sagte, verdienten sich die Banken „dumm und dämlich“ mit der Regierungshilfe.

Nicht die Millionen jetzt obdachloser Hausbesitzer waren es, denen geholfen wurde. Es waren nicht die kümmerlichen Reste der amerikanischen Produktion – General Motors und Chrysler – die geretter wurden. Es waren die Banken der Wall Street.

Laut Bloomberg.com haben die derzeitigen Rekordgewinne von Goldmann Sachs aus dem kostenlosen oder billigen Kapital, das von den abgebrannten amerikanischen Steuerzahlern zur Verfügung gestellt worden war, zu der Entscheidung dieser Firma geführt, Vergütungen und Zuschüsse um 33% zu erhöhen. Übers Jahr gerechnet kommt man auf ein Einkommen von $ 773.000 pro Angestelltem.

Das sollte auch den dümmsten Patrioten klar machen, wen „ihre” Regierung vertritt.

Der schlimmste Punkt der Wirtschaftskrise ist noch nicht erreicht. Ich meine nicht den Rest der Immobilienkrise, der noch auf seinen Auftritt wartet. Die Hauspreise werden weiter fallen, wenn die zwangsgeräumten Immobilien, die derzeit noch zurückgehalten werden, auf den Markt kommen. Die Schließungen von Geschäften und Büros wirken sich auf die Besitzer von Einkaufszentren und Bürogebäuden aus, die sich schwer tun, die Hypotheken zu bezahlen. Kredite für gewerbliche Anlagen wurden ebenfalls verbrieft und zu Derrivaten gemacht.  

Die wirkliche Krise erwartet uns erst. Es ist die Krise der hohen Arbeitslosigkeit, stagnierender und sinkender Reallöhne, die auf Preise stoßen, die infolge der für die Bezahlung der Regierungsrechnungen gedruckten Banknoten und infolge des Kursverlustes des Dollars steigen. Plötzlich werden die Wal-Mart-Preise wie die Preise bei Neiman Marcus (U.S.-Nobelkaufhauskette, d.Ü.) aussehen.

Rentner, die abhängig sind von staatlichen Pensionssystemen, die kein Geld drucken können, könnten nicht bezahlt oder mit Schuldscheinen ausbezahlt werden. Sie werden nicht einmal über an Kaufkraft verlierendes Geld verfügen, um damit versuchen zu können, ihre Rechnungen zu bezahlen. Desperate Steuerbehörden werden den letzten Lebensfunken aus der Mittelklasse herauspressen. 

Nichts in Obamas Wirtschaftspolitik ist darauf gerichtet, den U.S.-Dollar als Reservewährung oder die Existenzgrundlage der amerikanischen Menschen zu beschützen. Wie die von Bush ist Obamas Politik auf die Bereicherung von Goldman Sachs und der Waffenindustrie gerichtet.

Matt Taibbi beschreibt Goldman Sachs als „einen riesigen blutsaugenden Kraken, der sich um das Gesicht der Menschheit windet und unerbittlich seinen blutigen Saugrüssel in alles hineinrammt, was nach Geld riecht.“ Man betrachte nur die Vertreter von Goldman Sachs in den Regierungen Clinton, Bush und Obama. Diese Banksterfirma kontrolliert die Wirtschaftspolitik der Vereinigten Staaten von Amerika.

Da braucht es einen nicht zu wundern, dass Goldman Sachs Rekordgewinne einfährt, während der Rest von uns Tag für Tag ärmer wird. 

 
     
  erschienen am 16.07.2009 auf Foreign Policy Journal > http://www.foreignpolicyjournal.com/2009/07/16/can-the-economy-recover/     
  Paul Craig Roberts war Unterstaatssekretär im Finanzministerium der Regierung Reagan und ist Mitautor von "The Tyranny of Good Intentions" ("Die Tyrannei der guten Absichten")  
     
  <<< Inhalt