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  Büffelfedernhändler

Jeff Huber

Das Wahrheitsministerium des Pentagons wird man schwerer los als den Schurken in einer Horrorfilmserie.

In der Nachbearbeitung der Operation Desert Storm („Wüstensturm“) durch die Marine hörte ich zum ersten Mal „wir verlieren den Krieg in der Öffentlichkeit,“ was so viel bedeutet, dass wir (die Marine) nicht genug Beachtung für die Beiträge unserer Flugzeugträger- und Cruise Missiles-Einsätze zum Luftkrieg erreichen konnten, weil die Luftwaffe die bessere Öffentlichkeitsarbeit machte als wir. So wurde das Informationschef-Programm (CHINFO – chief of information) der Marine geboren, und von da an ging´s bergab. Die USS Theodore Roosevelt, der Flugzeugträger, der im Kosovokrieg (24. März 1999 – 10. Juni 1999) im Einsatz war, startete während des Konflikts eine Menge von Einsätzen, aber nicht so viele Einsätze wie die Menge der Reporter, die sie einlud, während sie die Kampfhandlungen durchführte. Wichtige Wachoffiziere wurden sogar mitten im Krieg von ihren Posten abgezogen, um Fremdenführer für Reporter zu spielen.  

Seither hat das Militär mehr strategisches Denken in den Verkauf seiner Kriege gesteckt als in die Erringung des Sieges.

Publicity - Jäger

Donald Rumsfelds berüchtigtes Office of Strategic Influence (OSI – „Büro für strategischen Einfluss”) hatte ein kurzes Leben. Das OSI wurde kurz nach 9/11 eingerichtet als Propagandainstrument, um Unterstützung für den sogenannten „Krieg gegen den Terrorismus“ zu mobilisieren. Luftwaffen-Brigadegeneral Simon P. Worden, Leiter des OSI, stellte sich „eine umfassende Aufgabe, die reichte von ‚schwarzen’ Kampagnen mit Falschinformationen und anderen geheimen Aktivitäten bis zu ‚weißer’ Öffentlichkeitsarbeit auf der Grundlage von wahrheitsgemäßen Nachrichten“ vor.  

Das Bekanntwerden des vorgesehenen Aufgabenbereichs der Propagandadirektion führte zu einem Proteststurm der Massenmedien. United Press International schrieb: „Wenn Ihnen die Lüge über den Mord an den kuwaitischen Babies nach dem irakischen Einmarsch in das ölreiche Emirat 1990 gefallen hat, werden Sie das OSI lieben.“

Unerwartet beugte Rumsfeld sich dem Druck und beendete das Programm – sozusagen. „Wenn ihr diese Sache abmurksen wollt, bitte, hier ist die Leiche,“ sagte er im November 2002 in einer Pressekonferenz. „Hier ist der Namen. Ihr könnt den Namen haben, aber ich werde weiterhin jede einzelne Aufgabe erfüllen, die erledigt werden muss und die ich erledigen muss.“

Und das tat er auch.

Pawlows Hunde des Krieges

Die Auflösung des OSI führte zu einem Rattennest von Unterministerien. Das Programm der eingebetteten Reporter, das in den ersten Phasen der Operation Iraqi Freedom („Freiheit für den Irak“) zum Einsatz kam, bewirkte in hohem Ausmaß, dass die Berichterstattung über den Krieg so ausfiel, wie sie das Militär haben wollte. Nach einer kurzen Grundausbildung entwickelten die Journalisten eine Art Stockholm-Syndrom - sie identifizierten sich so sehr mit ihren Bezugspersonen, dass sie ihre Objektivität verloren. Einige höhere Offiziere, die die Medien für ihre Zwecke zu nutzen wussten, verführten die erfahrenen älteren Mitglieder des Pressekorps durch exklusive Informationen und persönlichen Charme, wobei ein Musterbeispiel der „Teflongeneral“ David Petraeus ist, der den einst glaubwürdigen Pentagonkorrespondenten Thomas E. Ricks auf diese Weise zu seinem obersten Leibberichterstatter machte. Ricks Verbindung mit Petraeus verschaffte diesem einen Job als Experte beim Center for a New American Security („Zentrum für eine neue amerikanische Sicherheit"), und jetzt behandeln ihn alle seine ahnungslosen Freunde in den großen Medien, also ob er wüsste, wovon er redet, wenn es um nationale Verteidigung geht. In einem Interview bei MSNBC im Februar 2009 legte Chris Matthew von Hardball´s Ricks eine Reihe von Bällen auf und endete dann, indem er zu Ricks sagte „Sie werden uns helfen, zu lernen.“ Huch. 

Der „spontane” Sturz der Statue von Saddam Hussein durch irakische Zivilisten nach dem Fall Bagdads wurde in Wirklichkeit von einem PSYOPS (Psychological Operations – psychologische Operationen) – Team des Militärs der Vereinigten Staaten von Amerika inszeniert. Das Militär beschäftigte auch Lügen-auf-Bestellung-Firmen, um geheim Propaganda im Nahen Osten zu verbreiten, von denen die Lincoln Group die namhafteste war. Die zivil-militärische Verbindung ist ein besonders virulenter Aspekt des militärisch-industriellen Komplexes.

Reservisten, die sich auf den Informationskrieg spezialisieren, wenn sie in Uniform sind, arbeiten oft für mit dem Pentagon verbundene Firmen wie Lincoln und der Rendon Group. Rendon assistierte dem Militär der Vereinigten Staaten von Amerika bei Interventionen in Kolumbien, Haiti, Kosovo, Irak und anderswo. Rendon organisierte auch den irakischen Nationalkongress, den Propagandastosstrupp, der gebildet worden war, um Saddam Husseins Sturz zu betreiben. Die Firma half dem Militär dabei, Reporter, die um einen Einsatz als eingebettete Reporter ansuchten zu überprüfen, ob ihre bisherige Berichterstattung das Militär positiv dargestellt hatte. 

Im April 2008 deckte David Barstow von der New York Times das Retired Military Analysts (RMA - Pensionierte Militäranalysten) – Programm auf, den Trick, mit dem pensionierte Militäroffiziere, die als militärische Analysten in den Medien dienten, mit pro-Kriegs-Argumenten vom Pentagon versorgt wurden. Die Analysten wurden bei der Stange gehalten mit der Drohung, den Zugang zu verlieren, wenn sie nicht mitspielten. Die meisten Analysten hatten finanzielle Verbindungen mit Vertragspartnern des Militärs, die ihrerseits ausgeprägte Interessen an der Politik hatten, die die pensionierten Offiziere in den Medien priesen. Der ehemalige Colonel der Armee (und Militäranalyst) Ken Allard bezeichnete das RMA-Programm als „PSYOPS auf Anabolika.“ 

Sie sind zurück …

Der ungezügelte Informationskrieg des Pentagon gegen die amerikanische Öffentlichkeit endete nicht mit Donald Rumsfelds unrühmlichem Abschied von seinem Kabinettssitz. Admiral Mike Mullen, der Sohn eines Werbeagenten in Hollywood, wurde Vorsitzender des Generalsstabs. 

In der Zeit vor der Präsidentenwahl 2008 äußerten Mullen und der Rest der zivilen und uniformierten obersten Ränge des Pentagon in der Öffentlichkeit, dass sie kein Interesse daran hatten, Barack Obama als ihren Oberbefehlshaber zu bekommen. Mullen, Verteidigungsminister Gates und General Ray Odierno machten kein Hehl aus ihrer Angst und Schrecken angesichts von Obamas Versprechen, die U.S.-Truppen innerhalb von 16 Monaten nach seinem Amtsantritt aus dem Irak nach Hause zu bringen. In seinem Hochglanz-Propagandafetzen Joint Force Quarterly schrieb Mullen, dass ihn die Truppen Tag für Tag fragten „was wird sein, wenn ein Demokrat gewinnt? Wie wird sich das auf unseren Einsatz im Irak auswirken?“ Der Titel des Artikels lautete, ironisch genug: „Vom Vorsitzenden: das Militär muss unpolitisch bleiben.“ Es entbehrt auch nicht der Ironie, dass seit der Wahl der Artikel von der JFQ-Website verschwunden ist.

Petraeus, damals Kommandierender im Irak, veranstaltete einen Einkaufsspaziergang auf einem Markt von Bagdad mit Senator John McCain, dem vom Pentagon gewünschten Kandidaten, und einer Delegation von McCains loyalen Anhängern im Kongress. Ziel des Werbegags war es, den Erfolg der Truppenerweiterung im Irak zu demonstrieren, einer Strategie, die der Kandidat McCain unterstützt hatte. Erste Medienberichte plapperten die Bemerkung des Abgeordneten Mike Pence nach, der Shorja-Markt in Bagdad sei „wie ein normaler Markt in Indiana.“ McCain frohlockte: „Noch nie konnte ich so in die Stadt gehen wie heute.“

Einige Tage später wurde bekannt, dass Petraeus über 100 seiner Soldaten in Gefahr gebracht hatte, um für die Sicherheit zu sorgen, die den Shorja-Markt als einen fidelen Jux erscheinen ließ. Blamiert, da er wieder einmal als politischer Schwindler erwischt worden war, sagte Straight Talk („Gerader Michel“) McCain, der Geleitschutz sei Petraeus´ Idee gewesen, aber „gerne ginge ich wieder auf diesen Markt, mit oder ohne militärischen Schutz.“ Er tat´s natürlich nicht.

 
     
  Erschienen am 26. Januar 2010 auf > http://www.antiwar.com > http://original.antiwar.com/huber/2010/01/25/bull-feather-merchants/  
     
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