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  FAIR - Aktionsaufruf

Hat der Top-Reporter der New York Times einen Sohn in der israelischen Armee?

Leiterin des Außenressorts behandelt potenziellen Konflikt, als wenn er uns nichts anginge

Die New York Times weigert sich, einen Bericht zu bestätigen oder zu dementieren, nach dem ihr Bürochef in Jerusalem einen Sohn hat, der in der israelischen Armee seinen Dienst leistet – obwohl eine solche Beziehung einen ernsten Interessenskonflikt darstellen würde.

Nach einem Hinweis fragte die Website Electronic Intifada am 25.1.2010 Bronner, ob es stimme, dass er einen Sohn beim israelischen Militär habe. Die Antwort kam von der Leiterin des außenpolitischen Ressorts der NYT Susan Chira:

Ethan Bronner hat Ihre Anfrage an mich als Leiterin des Außenpolitischen Ressorts weitergeleitet. Hier meine Stellungnahme: Mr. Bronners Sohn ist ein junger Erwachsener, der seine eigenen Entscheidungen trifft. Wir von der NYT haben Mr. Bronners Berichterstattung für peinlich ausgewogen befunden und wir vertrauen darauf, dass das weiterhin der Fall sein wird. 

Es geht allerdings nicht um die Entscheidungen von Bronners Sohn. Die NYT müsste sich eigentlich fragen, ob sie erwartet, dass ihr Bürochef die normalen menschlichen Gefühle in Angelegenheiten hat, die Leben oder Tod des eigenen Kindes betreffen.

Könnte er zum Beispiel Ablehnung empfinden, wenn er Mitglieder von Organisationen interviewt, die versucht haben, seinen Sohn zu töten? Wenn die israelische Armee in die Schlacht zieht, könnte er für die Seite schreiben, für die sein Sohn sein Leben riskiert? Solche Fragen würden sicher sehr ernst genommen, wenn ein Reporter der New York Times ein Kind hätte, das in einer militärischen Gruppierung dient, die in Kämpfe mit der israelischen Armee verwickelt ist. In der Tat bestehen nur geringe Zweifel daran, dass ein Reporter in dieser Position nicht weiter über den Nahostkonflikt berichten dürfte.  

Es sollte betont werden, dass in einem Interessenskonflikt zu stehen nicht das gleiche ist wie einseitigen Journalismus zu betreiben, es bedeutet allerdings, dass ein Journalist unter dem Eindruck von Interessen steht, die mit seinen oder ihren journalistischen Verpflichtungen in Konflikt stehen. Dass ein Journalist in der Vergangenheit „peinlich ausgewogen” war, entschuldigt nicht einen laufenden Interessenskonflikt; Journalisten sollten nicht in eine Situation gebracht werden, in der sie das Wohlbefinden ihrer Familie ignorieren müssen, um ihre Arbeit zu machen, noch sollte erwartet werden, dass die Leser darauf vertrauen, dass sie das können. 

Ungeachtet dessen wurde Bronners Berichterstattung schon wiederholt von FAIR kritisiert für Dinge, die als einseitige Bevorzugung der Regierung Israels erscheinen. Zum Beispiel stellte EXTRA! (Ausgabe März 2009) einen Artikel in Frage, den Bronner am 13.1.2009 über die israelische Invasion von Gaza 2009 schrieb, in dem es hieß, dass nicht näher beschriebene „Umfragen bisher nahezu 90% Unterstützung für diesen Krieg ergaben”; das FAIR-Magazin stellte fest, dass das „statistisch unwahrscheinlich ist in einem Land, das zu 20% von Palästinensern bewohnt wird.” Im gleichen Artikel behauptete Bronner, dass „die bisher grösste Demonstration gegen den Krieg mit rund 6.000 Teilnehmern von einer arabischen politischen Partei organisiert wurde”; laut einem Artikel von Agence France Press vom 3.1.2009 hatten „zehntausende” israelische Araber in der israelischen Stadt Sakhnin gegen den Krieg protestiert.

Wie Electronic Intifada ausführte, gehen die politischen Richtlinien der NYT davon aus, dass die Aktivitäten von Familienmitgliedern zu Interessenskonflikten führen können: „Ein Bruder oder eine Tochter in einer führenden Position in Wall Street könnten den Eindruck eines Konflikts bei einem Wirtschaftsreporter oder –redakteur hervorrufen“ und solche Konflikte könnten es erforderlich machen, dass ein Journalist sich von „Berichten über bestimmte Themenbereiche zurückzieht.“ Geht man von diesen Richtlinien aus, kann es nicht akzeptiert werden, dass die Leitung des außenpolitischen Ressorts den Standpunkt vertritt, dass der militärische Status von Bronners Kindern keine Rolle spielt. Die von Electronic Intifada gestellte Frage muss noch einmal gestellt werden: Hat der Jerusalemer Bürochef der  New York Times einen Sohn beim israelischen Militär, und, falls ja, warum stellt das keinen Interessenskonflikt dar?

AKTION: Bitte ersuchen Sie den Herausgeber der New York Times zu untersuchen, ob der Bürochef der NYT in Jerusalem Ethan Bronner ein Kind in der israelischen Armee hat, und, wenn ja, warum diese Beziehung nicht als untragbarer Interessenskonflikt betrachtet wird.

 
 
CONTACT:
New York Times
Clark Hoyt, Public Editor
public@nytimes.com
Phone: 212-556-7652
 
  erschienen am 27. Januar 2010 auf > FAIR - Fairness & Accuracy in Reporting > http://www.fair.org/index.php?page=4004  
     
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