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  Chinas wachsende Präsenz zur See 

Eric S. Margolis  

Die zunehmende Herausforderung der Vorherrschaft der Vereinigten Staaten von Amerika im Nordpazifik durch China wurde um einiges augenscheinlicher, als die Volksrepublik letzte Woche ein neues Tarnkappen-Langstreckenflugzeug, den J-20 präsentierte.

Der J-20 wird voraussichtlich in fünf Jahren einsatzbereit sein. Seine Fähigkeiten, der Radarortung zu entgehen, sind unbekannt und reichen wahrscheinlich nicht an die des bereits im Einsatz stehenden F-22 Tarnkappen-Kampfflugzeugs der Vereinigten Staaten von Amerika heran.

Dennoch hat diese Neuigkeit bei der Marine der Vereinigten Staaten von Amerika die größte Bestürzung ausgelöst seit dem überraschenden Auftauchen eines chinesischen Unterseebootes inmitten einer Flotte der Vereinigten Staaten von Amerika, die vor China ein Seemanöver durchführte.

China hat es auch geschafft, 60 moderne Unterseeboote zum Einsatz zu bringen, einige davon atomgetrieben, die lautlos und tödlich sind im Gegensatz zu Chinas vorhergehender Generation lauter, verletzbarer U-Boote.

Die Bedenken der Vereinigten Staaten von Amerika wurden um einiges gesteigert, als China den unfertigen sowjetischen Flugzeugträger „Varyag“ fertig stellte, den es vor zehn Jahren von der Ukraine gekauft hatte. Ich habe dessen Fertigstellung im nordchinesischen Hafen Dalian beobachten können.

Zwei neue 50.000-Tonnen-Flugzeugträger werden zur Zeit  in Shanghai gebaut und sollen 2014 bzw. 2020 vom Stapel laufen. Die neuen chinesischen Flugzeugträger werden voraussichtlich bestückt mit in China gebauten Kampfflugzeugen oder adaptierten Versionen der gefürchteten russischen Sukhoi Kampfflugzeuge.

Die Entwicklung von Flugzeugträgern und die entsprechende Ausbildung ihrer Mannschaften kann Generationen dauern. China steht hier ganz am Anfang.

Die Flugzeugträger der Vereinigten Staaten von Amerika sind eine der ausgeklügeltsten Angelegenheiten der Welt: 100.000 Tonnen schwere schwimmende Städte mit einer Million Fässern Treibstoff in ihren Lagern, riesigen Mengen Munition und gut ausgebildeten Mannschaften, die 24 Stunden am Tag sieben Tage in der Woche wie ein Uhrwerk arbeiten. Ich habe eine Fahrt auf dem Flugzeugträger „Abraham Lincoln“ mitgemacht und war höchst beeindruckt von Professionalität und Ausbildungsstand der Besatzung und der Komplexität dieses gigantischen Gebildes. 

Die Marine der Vereinigten Staaten von Amerika macht sich allerdings größere Sorgen wegen Chinas schnell anwachsenden Arsenals von Anti-Schiffs-Raketen als wegen seiner Flugzeugträger. Die beeindruckende Militärparade letztes Jahr in Peking zeigte eine neue Generation schlagkräftiger Anti-Schiffs-Raketen, die von Land, Meer, Luft und von unter Wasser aus gestartet werden können.

Darüber hinaus macht sich die Marine der Vereinigten Staaten von Amerika große Sorgen über Chinas Arbeit an einer neuen ballistischen Rakete, der DF-21D, die laut Berichten von mobilen am Ufer stationierten Abschussrampen aus gestartet werden und große bewegliche Ziele auf See treffen kann. Es heißt, dass die DF-21D in ihr Ziel gesteuert wird über Satellit, Flugzeug, Unterseeboot oder unbemannte Drohnen. 

Wenn auch die Treffgenauigkeit zweifelhaft ist, könnten derartige Anti-Schiffs-Raketen die Marine der Vereinigten Staaten von Amerika in großem Abstand von den nordpazifischen Küsten halten – was Chinas Absicht ist. Flugzeugträger und ihre Begleitung kosten $25 Milliarden – sie sind zu teuer und zu anfällig, um sie aufs Spiel zu setzen. Dennoch sind diese mächtigen Flugzeugträger der ultimative Ausdruck der amerikanischen Macht in der Region. 

Die letzten zehn Jahre hindurch hat China seine Kapazitäten ausgebaut, um die Marine der Vereinigten Staaten von Amerika von seinen Küsten weit in den Pazifik hinaus zu treiben. Peking war bestürzt und beschämt, als während der Taiwan-Krise 1996 ein Flottenverband der Vereinigten Staaten von Amerika, angeführt vom Flugzeugträger „Nimitz“ durch die Straße von Taiwan fuhr, fast innerhalb Sichtweite vom chinesischen Festland. 

Man stelle sich vor, ein chinesischer Flottenverband würde in die Chesapeake Bay in der Nähe Washingtons einfahren, in die Straße von Florida vor Kuba oder in die Gegend von New Orleans. Die Vereinigten Staaten von Amerika würden in Raserei ausbrechen. Genau das ist es, was die Marine der Vereinigten Staaten von Amerika in China seit 1945 betrieben hat.

Jetzt bedeuten Pekings neue Anti-Schiffs-Raketen ein großes Risiko für Flugzeugträgerverbände der Vereinigten Staaten von Amerika, wenn diese zu nahe an das Festland kommen. Ich habe zahlreiche Marinetests betrieben und kann bestätigen, dass kein Schiff, und schon gar nicht große Flugzeugträger, dem Beschuss durch Hochgeschwindigkeits-Anti-Schiffs-Raketen widerstehen kann, die von welcher Seite auch immer abgeschossen werden.

Allerdings wird die Marine der Vereinigten Staaten von Amerika von Admiralen geführt, die ihre Flugzeugträger genauso wenig aufs Spiel setzen wollen wie die Kriegsschiffsadmirale in der ersten Zeit des Zweiten Weltkriegs. Die Antwort besteht ganz klar in weniger Superträgern und mehr kleineren Schiffen mit ferngesteuerten Flugzeugen.  Dieser Wechsel auf See wird allerdings nur langsam vor sich gehen.

Bis dahin müssen sich die Vereinigten Staaten von Amerika eindeutig nach der wachsenden militärischen Stärke Chinas richten. Die Zeiten, in denen die Marine der Vereinigten Staaten von Amerika Chinas Küsten und Flüsse kontrollieren konnte, sind lange vorbei. China ist dabei, eine strategische 300-Meilen-Zone zu erzwingen und setzt zunehmend Druck hinter seine Forderungen hinsichtlich großer Bereiche seiner Küstengewässer, was seine Nachbarn und Washington beunruhigt hat.  

Die Vereinigten Staaten von Amerika und China steuern wahrscheinlich auf Marinekonflikte zu, wenn nicht Washington seine Pazifikflotte von der chinesischen Küste abzieht. Das wird allerdings eine bittere Pille sein, die die mächtige Marine der Vereinigten Staaten von Amerika zu schlucken hat.

 
     
  erschienen am 7. Januar 2011 auf > ericmargolis.com > Artikel  
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