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  War Elliott Abrams Hitlers Chefberater?

Ran HaCohen 

Wahrscheinlich nicht. Abrams kam zweieinhalb Jahre nach dem Tod Hitlers auf die Welt. Aber wer weiß. Es ist jedenfalls verlockend, die beiden in eine Zeile zu bringen, in eine Überschrift: wenn man jetzt „Abrams und Hitler“ googelt, bekommt man Ergebnisse. So viele Treffer, wie oft dieser Kommentar ins Internet gestellt oder zitiert wird. Das ist die Macht der Assoziation: alles, was man tun muss, ist zwei Dinge einander nahe zu bringen. Nicht viele Leute würden sich darum kümmern, die Frage nach dem Warum zu stellen oder deine Argumente zu überprüfen. Abrams und Hitler? Es muss einen Grund geben, dass sie beide so nebeneinander stehen. Sie müssen etwas gemeinsam haben.

Abrams selber weiß das sehr gut. Der jüdisch-amerikanische Anwalt und Politikanalyst, der in außenpolitischen Positionen unter Reagan und George W. Bush gedient hat und derzeit ein leitender Wissenschaftler für Studien des Mittleren Ostens beim Rat für außenpolitische Beziehungen ist, kann weder Unschuld noch Unwissenheit für sich in Anspruch nehmen. Er kennt den Mittleren Osten besser als viele andere. Wenn Abrams also sagt, der Palästinenserstaat „würde der erste sein, der offiziell Juden oder andere Religionen verbietet seit Nazi-Deutschland, der ein judenreines Land haben wolle oder eines, das von Juden gesäubert ist“ - weiß er, was er tut. Und das, was er tut, ist viel schmutziger als die manipulative Überschrift, die ich diesem Kommentar gab.  

Abrams bösartige Demagogie stützt sich auf die Aussage des palästinensischen Botschafters in den Vereinigten Staaten von Amerika Maen Erekat, der mit dem Ausspruch zitiert wird: „Nach den Erfahrungen der letzten 44 Jahre militärischer Okkupation mit all den Konflikten und Spannungen denke ich, dass es im besten Interesse beider Völker gelegen wäre, wenn sie getrennt wären.“ Das hat Erekat gesagt; er sagte nicht, dass keine Juden nach Palästina kommen dürften; er sagte nicht, dass alle Juden umgebracht und ihre Leichen zerschnitten und zerhackt würden; er sagte nicht, alle Juden würden vernichtet oder vergast. Er sagte nur, es wäre im Interesse der beiden Völker, wenn sie getrennt wären.

Das ist natürlich eine verabscheuungswürdige Vorstellung. Trennung zwischen den beiden Völkern? Ist das nicht eine Form von rassistischer Diskriminierung, von ethnischer Säuberung, von Apartheid? Vielleicht. Aber auch der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak verkündete genau diese Parole: „Trennung - wir sind hier, sie sind dort.“ Das ist auch in der Hauptströmung des Zionismus der Fall, wo gesagt wird, dass es im Interesse der Juden sei, getrennt von Nichtjuden zu leben. Juden,die gegen diese Aufteilung sind, werden heutzutage als Antizionisten und Verräter gebrandmarkt. Aber verwirren wir Abrams nicht mit Tatsachen, Wahrheit oder Redlichkeit: Abrams ist ein Demagoge.

Abrams weiß ganz genau, was Erekat meinte. Erekat meinte, dass nach 44 Jahren grausamer, rücksichtsloser militärischer Okkupation („grausam, rücksichtslos“ sind meine Worte, Erekat hat das nicht gesagt), in denen jeder palästinensische Mann, Frau und Kind täglich Juden als Siedler trifft, welche fordern, die „Araber“ (kein Siedler benutzt den Begriff „Palästinenser“) gehörten deportiert; oder als freundliche und angenehme Siedler, welche Sympathie fühlen für die „Araber,“ während sie ihr Land stehlen und ihr Wasser trinken; oder als grausame aggressive Soldaten, die mitten in der Nacht an ihre Tür schlagen und alles kaputt machen (im Militärjargon „Durchsuchen“ genannt); oder als nette und höfliche Soldaten, die an den Kontrollstationen stehen, sanftmütig mit einem Maschinengewehr auf die Palästinenser zielen und ihnen sagen, dass sie nicht in das nächste Dorf gehen können, oder in die Schule, oder nach Jerusalem, um dort in ihrer Moschee zu beten – nach 44 Jahren einer derartigen grausamen, rücksichtslosen Okkupation meinte Erekat sagen zu müssen, dass es keinen Sinn macht, Siedler im palästinensischen Staat zu belassen. Das ist alles, was er sagen wollte und alles, was er gesagt hat. Und wissen Sie was? Er hat recht. Würden Sie die Siedler kennen, oder einige von diesen, oder die Okkupationssoldaten, alle von denen, hätten Sie ihn verstanden. In der Tat, so sagen einige meiner jüdisch-israelischen Freunde, besteht der Alptraum bei der Auflösung der Siedlungen darin, dass die Siedler zu uns kommen würden, um mit uns zu leben, in Israel. Wer möchte diese Fanatiker wieder zurück haben? (Vielleicht ist es das, worüber Erekat sich Sorgen macht: dass Israel seine Kolonialisten auf palästinensischen Boden abschieben will.)

Abrams jedoch hat eine andere Interpretation. Für Abrams sind Erekats Worte Ausdruck einer „verabscheuungswürdigen Form des Antisemitismus.“ Und „das erste Land seit Nazideutschland,“ das Juden verbietet. Wenn das keine Herabwürdigung des Holocaust ist möchte ich wissen, was das sein soll: hat etwa die jüdische Minderheit Deutschland 44 Jahre lang besetzt und Millionen Deutsche terrorisiert, wie es die Israelis in den palästinensischen Territorien betrieben haben? 

„Kein zivilisiertes Land würde so handeln,“ fügte Abrams hinzu. Na klar. Tatsächlich gibt es ein Land, das so handelt, zivilisiert oder wie auch immer. Abrams kennt es sehr gut. Ich meine nicht „Trennung, die den Interessen beider Völker dient,“ wie Erekat vorschlug: es gibt ein Land, das wirklich judenrein ist, wie Nazideutschland es sein wollte. Jeder Mittelost-Experte weiß das, und Abrams ist nicht nur ein Experte: er präsentiert sich selbst als „Leitender Wissenschaftler für Studien des Mittleren Ostens.“ Vielleicht sollte dieser „Leitende Wissenschaftler“ von Zeit zu Zeit Wikipedia konsultieren. Folgendes findet man auf der englischen Wikipedia: 

In Saudiarabien gibt es zu Beginn des 21. Jahrhunderts keine jüdischen Aktivitäten. Jüdische (auch christliche und andere nichtmuslimische) religiöse Veranstaltungen sind in Saudiarabien verboten. Als amerikanisches Militärpersonal während des Golfkriegs in Saudiarabien stationiert war [...] durften jüdische Gottesdienste nur auf amerikanischen Kriegsschiffen stattfinden. Die Volkszählungsdaten weisen keinerlei Juden auf, die auf dem Staatsgebiet von Saudiarabien wohnen. Personen, die offen jüdisch sind, dürfen generell nicht in das Königreich einreisen. 

Noch einmal: das ist nicht, was Erekat vorgeschlagen hat. Er schlug nicht vor, jüdische Gottesdienste zu verbieten oder „offen jüdischen“ Personen die Einreise nach Palästina zu verbieten. Alles, was er sagte, war, dass es besser sei für beide Völker, getrennt zu leben. Wenn das Palästina zum neuen Nazideutschland macht, was ist dann Saudiarabien? Die Mutter aller Nazideutschländer? Die Inkarnation des Teufels? Vielleicht ist es das – wer bin ich, dass ich das sagen könnte? Ich bin nicht einmal dort gewesen (ich durfte nicht, leider). Aber vielleicht weiß es Abrams? Immerhin ist Abrams laut Berichten einige Male mit Prinz Bandar bin Sultan zusammengetroffen, dem ehemaligen Botschafter Saudiarabiens in Washington. 

Jetzt werden Sie sich wundern: wie kann das wahr sein? Wie kann Abrams, der einen gemäßigten Aufruf nach Trennung zwischen Palästinensern und Israelis für ein verabscheungswürdiges antisemitisches Manifest hält, das es in dieser Art seit Nazideutschland nicht mehr gegeben hat, wie kann diese idealistische Person einige Male einen offiziellen Repräsentanten eines Staates treffen, der offiziell Juden die Einreise verbietet, in dem sogar jüdisch-amerikanische Soldaten (die dort stationiert sind, um die rückständige - aber amerikafreundliche – Diktatur zu verteidigen) ihre Identität verbergen und gefälschte „Protestanten-Ausweise“ für den Fall, dass ... bei sich tragen müssen?

Da müssen Sie Abrams selber fragen. Wenn Sie ihn treffen, werfen Sie einen Blick auf seine eindrucksvolle Uhr – eine Concord Mariner im Wert von $1.435, ein Freundschaftsgeschenk, das Abrams von Abdullah, dem König von Saudiarabien, bekommen hat. 

Und wenn Sie schon dabei sind, fragen Sie ihn bitte, ob er nicht doch Hitlers Chefberater war. Man kann sowas nie wissen.

     
  erschienen am 16. September 2011 auf > www.antiwar.com > Artikel  
     
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