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  Heiße Luft im Golf könnte leicht den Krieg entzünden

Eric S. Margolis

Washington - Die Vereinigten Staaten von Amerika und der Iran spielen ein immer gefährlicheres Feiglingsspiel im Golf.

Nationen stolpern oft in einen Krieg infolge von Fehlkalkulation, Arroganz oder falschen Geheimdienstinformationen. Man braucht nur an den August 1914 zu denken, wo fröhliche Haufen von Franzosen oder Deutschen riefen „auf gegen Berlin!“ und „los gegen Paris!“ und „zu Weihnachten wieder zuhause.“ 

In der laufenden Konfrontation zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika, Israel und Iran geht es um mehr als um Teherans Atomprogramm. Während der Irak in Scherben liegt und Syria in Unruhen aufgeht, ist der Iran der letzte bedeutendere Staat im Mittleren Osten, der sich weigert, Teil der Einflusssphäre der Vereinigten Staaten von Amerika zu werden – die ich als American Raj (amerikanisches Herrschaftsgebiet) bezeichne. (Im Buch mit diesem Titel, das es in deutscher Sprache leider nicht gibt - d.Ü.)

Der lautstarke Widerstand des Iran wächst ständig und Washington fürchtet, dass sein Einfluss und Prestige Einbußen erleiden könnten, wenn es nicht die lästigen Mullahs in die Knie zwingt. Der so genannte „Arabische Frühling“ hat ein konfuses Washington dazu gebracht, handgreiflich zu werden, wie Libyen gezeigt hat. 

Der feurige Nationalismus des Iran hängt zusammen mit seinem Atomprogramm. Ayatollah Ali Khameini bleibt dabei, dass der Westen entschlossen ist, die muslimische Welt technisch rückständig zu halten. Das Atomprogramm des Iran ist ein großer technischer Sprung vorwärts für alle Moslems, ein friedlicher, wie er sagt.

Zwei gemeinsame Einschätzungen der Geheimdienste der Vereinigten Staaten von Amerika aus jüngster Zeit bestätigen die Äußerungen des Ayatollahs.

Inzwischen spannt Israel jeden Muskel, um die Vereinigten Staaten von Amerika in einen Krieg gegen den Iran zu treten, wie es im Fall des Irak getan hat, um sich selbst die schwierige Aufgabe zu ersparen. Die Serie von Morden an iranischen Wissenschaftlern vor kurzem scheint angelegt zu sein, den Iran zu einer Vergeltung zu provozieren, die dann den Krieg auslösen soll.

Die mächtige Lobby Israels in den Vereinigten Staaten von Amerika und ihre christlich fundamentalistischen Verbündeten (derzeit 44% der republikanischen Wähler) haben den Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika bestochen oder eingeschüchtert, damit er auf einen Krieg gegen den Iran drängt. Einen Krieg wie gegen Afghanistan und Irak, den die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika mit geborgtem Geld finanzieren wird, nicht mit Steuergeldern.

Amerikas Medien heulen nach dem Blut des Iran. Wir sahen gerade die Präsidenschaftskandidaten der Republikaner, die – ausgenommen der bewundernswerte Ron Paul und Jon Huntsmen – darum wetteiferten, am blutrünstigsten gegen den Iran zu wettern.

Kandidat Newt Gingrich bekam $5 Millionen an indirekter Unterstützung von einem amerikanischen Kasinomogul, der ein bedeutender Unterstützer der israelischen Siedler in der West Bank und der expansionistischen Likud-Partei ist.

Von meinen Besuchen im Pentagon blieb der Eindruck, dass Amerikas Militär keinen Krieg mit dem Iran will. Muskelspiel ja, um eine Muskeldiplomatie zu unterstützen, aber keinen ausgewachsenen Konflikt mit wiederholten Luft- und Marineangriffen gegen mindestens 3.200 iranische militärische und zivile Ziele, wie aus höheren Marinekreisen zu hören ist.

Amerikas Kriegsflugzeuge sind nicht mehr die neuesten oder schon fast verbraucht nach Afghanistan und Irak. Sinkende Militärbudgets werden es immer schwieriger machen, Flugzeuge, Raketen, Bomben und Schiffe zu ersetzen.

Seit den 1950er Jahren waren die Vereinigten Staaten so ungefähr alle vier Jahre im Krieg. Mit 1.000 Stützpunkten rund um den Erdball und 11 Flugzeugträger-Kampfverbänden kann es sich das Pentagon nicht länger leisten, seine Kräfte weltweit voranzutreiben, gerade während es in Ost- und Westafrika hineingezogen wird. Die Ausgaben der Vereinigten Staaten von Amerika für ihr Militär machen nahezu die Hälfte der weltweiten Militärausgaben aus.

Alle Kriege sind unberechenbar; alle sorgfältig erstellten Pläne brechen zusammen, nachdem der erste Schuss abgefeuert worden ist. Das Pentagon befürchtet, dass es in einen weiter gehenden Krieg gegen den Iran hineingezogen wird – einschließlich Bodenkämpfen, in denen der Iran wirkungsvoll gegen Kräfte der Vereinigten Staaten von Amerika zurückschlagen könnte.

Die Verletzlichkeit von Militärstützpunkten der Vereinigten Staaten von Amerika in Afghanistan, Pakistan, Kuwait, Bahrain, Oman und sogar Zentralasien gegen Angriffe durch iranische Spezialkräfte bereitet dem Zentralkommando des Pentagon große Sorgen.

Der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad wurde zum gefeierten Helden im Krieg gegen den Irak, wo er Angriffe tief in das Feindesland angeführt hat.

Seinerseits scheint der Iran törichterweise seinen Weg zu verlassen, die Vereinigten Staaten von Amerika und deren Alliierte aufzureizen und herauszufordern. Letzte Woche posaunte Teheran, dass es 20% mehr angereichertes Uran in einer neuen unterirdischen Anlage bei Fordow produziert.

Wenige Menschen im Westen haben eine Ahnung von nuklearer Technologie, von der Waffenherstellung gar nicht zu reden. Für sie klang die iranische Ankündigung wie „Iranische Atomwaffen!“ Die Feinde des Iran hatten ihre Freude.

Iranische Hardliner sagten mir, ein Krieg mit den Vereinigten Staaten von Amerika wäre ihnen willkommen. „Die Amerikaner werden sich ihre Zähne am Iran ausbrechen!“

Tapfere Worte, aber wir hörten ähnlich unsinnige Prahlereien von Irakern im Jahr 2003.

Heiße Luft, Drohgebärden und nationale Egos können zu einem verheerenden Krieg führen – zu einem Krieg, den keine der beiden Seiten will, Israel ausgenommen.

     
  erschienen am 14. Januar 2012 auf > www.ericmargolis.com > Artikel auf HUFFINGTON POST  
  Archiv > Artikel von Eric Margolis auf antikrieg.com  
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