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Die Weltbild-Pleite

Egon W. Kreutzer

 

Was öffentlich gerne als ein “katholisches” Problem diskutiert wird, hat im Grunde mit dem (gescheiterten) Versuch, einem Großverlag eine erkennbare weltanschauliche Grundausrichtung zu geben, nur wenig zu tun. Dass die Eigentümer, nämlich die deutschen Bistümer, angesichts der wirtschaftlichen Situation des Verlags die Reißleine gezogen haben, ist nicht verwunderlich. Diese Entscheidung wäre vermutlich auch bei einer ganz anderen Zusammensetzung der Eigentümer – und da vermutlich sogar schon früher – getroffen worden.

Es ist also auch nicht gerade “marktwirtschaftlich” argumentiert, wenn jetzt die Kirche aufgefordert wird, ihr insolventes Unternehmen doch noch zu retten, wiewohl die Kirche ihrem hohen moralischen Anspruch dadurch, dass Sie fast 7.000 Mitarbeiter in der Insolvenz alleine lässt, auch nicht gerade gerecht wird.

Erinnert sei in diesem Zusammenhang daran, dass sich auch die Springer-Gruppe erst kürzlich vom Löwenanteil ihrer Zeitungstitel getrennt hat, um bei immer schwächer werdenden Erträgen der Printmedien ohne diesen Ballast die Wende zu neuen, digitalen Geschäftsmodellen forcieren zu können.

Zwar geht es im einen Fall um Bücher – im anderen um Zeitschriften, was zu der Annahme führt, Bücher und Zeitungen könnten nicht so einfach miteinander verglichen werden. Das klingt dabei zunächst überzeugend, wird aber erheblich erschüttert, wenn mit den Produkten auch die Vertriebswege verglichen werden.

Werfen wir einen Blick zurück in die goldenen Zeiten des Verlagsgeschäfts:

Zeitungen verkauften sich, samt der mit ihnen transportierten massiven Werbung, über viele Jahrzehnte hauptsächlich über Abonnements, über den Kiosk, sowie über den Buch- und Schreibwarenhandel. Bücher, weitgehend werbefrei, verkauften sich über viele Jahrzehnte hauptsächlich über Abonnements (Buchclubs), den Kiosk (vor allem an den Bahnhöfen), sowie über den Buch- und Schreibwarenhandel. Aus einer rein betriebswirtschaftlichen Sichtweise konnte als wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen dem gedruckten Buch und der gedruckten Zeitung lediglich die Eignung des Produkts als Werbeträger angesehen werden.

Das wiederum führte dazu, dass die Kosten der Herstellung einer Zeitung, angefangen beim Zeilenhonorar des Reporters bis hin zum Groschen für den Zeitungsausträger, aus zwei Quellen gegenfinanziert wurden, nämlich über die Einnahmen aus der verkauften Auflage und über die Einnahmen aus der über die Zeitung transportierten Werbung.

Je größer die verkaufte Auflage, desto wirksamer die Werbebotschaft, desto höher der Seitenpreis für den Inserenten. Das Buch, vom Papiergewicht und der verbrauchten Druckerschwärze her nicht selten der Wochenendausgabe einer großen Tageszeitung deutlich unterlegen, musste hingegen vollständig aus der verkauften Auflage finanziert werden.

Der Preisunterschied pro m² zwischen bedruckten Buch- und Zeitungsseiten war folglich enorm und drückte sich – bei vergleichbarem Umfang – in einem sehr viel höheren Buchpreis deutlich aus. Es war also keineswegs nur die Vergänglichkeit der tagesaktuellen Nachrichten, die den vergleichsweise niedrigen Preis der Tageszeitung bestimmte, sondern es waren die zusätzlichen Werbeeinnahmen, die ihn erst ermöglichten.

Es war auch keineswegs die überragende geistige Leistung der Buchautoren, die sich über die Honorare in einem hohen Buchpreis niederschlug, sondern schlicht die Tatsache, dass – bei vergleichbarer Kostenstruktur – dem Buchverlag eben in aller Regel keine Werbeeinnahmen zur Subventionierung des Buchpreises zur Verfügung standen.

Die Veränderungen in der Gegenwart: Die Auflagen der gedruckten Zeitungen gehen erheblich zurück, die Zahl der Abonnenten schrumpft, die Werbetreibenden bleiben fern. Kleinanzeigen sind fast vollständig ins Internet abgewandert, oder dort zumindest ebenfalls zu sehen, große Werbeseiten verschwinden zusehends, teils weil sie abwandern in kostenlose “Käseblättchen”, teils auch deswegen, weil die Werbewirkung der Zeitung gegenüber einer ausgeklügelten, auf den einzelnen Adressaten zugeschnittenen Internetwerbung, immer stärker verblasst.

Die Reaktion war nicht nur die immer weiter fortschreitende Konzentration im Zeitungsverlagswesen, sondern auch die Ausdünnung der (teuren) Redaktionen, so dass die ehemalige Vielfalt der Blätter – bis auf den einen oder anderen Leitartikel und Kommentar – kaum mehr zu erkennen ist.

Vorgefertigte Agenturmeldungen, Pressemitteilungen und von “Schwesterredaktionen” übernommene Artikel bestimmen heute das Bild einer – eher aus betriebswirtschaftlichen als aus politischen Gründen – als “gleichgeschaltet” wahrzunehmenden Presselandschaft. Gleichzeitig bemühen sich alle Zeitungsverlage, ja sogar die kostenlos an alle Haushalte verteilten Werbeblättchen, um einen möglichst wirkungsvollen und klickstarken Internetauftritt.

Der Versuch, sich Inhalte im Web bezahlen zu lassen, scheint mir gescheitert, das Netz ist zu redundant, um sich auf das teure Internet-Abo eines einzelnen Blattes einlassen zu müssen oder einzelne Artikel vor dem Lesen zu bezahlen. Den identischen oder zumindest gleichwertigen Inhalt findet Google mühelos anderswo kostenlos.

Also bleibt den Internetnachrichtendiensten mit den klangvollen Namen der ehemaligen Zeitschriftenverlage nichts anderes übrig, als zu versuchen, in den Suchmaschinen die vorderen Plätze zu belegen und damit die Websurfer auf ihre Seiten zu ziehen und ihnen dort die Werbung zu präsentieren, die sie in gedruckter Form nicht mehr an den Mann bringen können.

Dass das neu geschaffene Leistungsschutzrecht dem eher wieder im Wege steht, haben schon viele erkannt und mitgeteilt, dass sie davon keine Gebrauch machen wollen. Der Schritt zu einem Zeitungsmarkt ganz ohne bedrucktes Papier ist meines Erachtens nicht mehr fern. Das hat den Vorteil, dass die Produktions- und Vertriebskosten massiv sinken – und wenn die Werbeeinnahmen ausreichend sprudeln, kann die neue, virtuelle Zeitung durchaus wieder die gleiche Bedeutung – sogar für die Meinungsbildung – erlangen, wie in den 60er-Jahren, und auch die gleichen Profite abwerfen.

Solange Print- und Internetpräsenz jedoch noch parallel notwendig erscheinen, sieht die wirtschaftliche Lage allerdings weniger rosig aus. Bei den Buchverlagen hat sich die Entwicklung etwas weniger dramatisch vollzogen. Hier waren es zuerst die Vertriebswege, die einschneidende Veränderungen erlebten. Der typische, gutsortierte Einzelkaufmann, der in jeder Gemeinde ab ungefähr 5.000 Einwohnern als Buchhändler firmierte, ist einem rapiden Konzentrationsprozess zum Opfer gefallen.

Angetrieben von den großen Internet-Versandhändlern fand auch im Buchhandel ein Verdrängungswettbewerb statt, der uns in den größeren Städten die ewig gleichen Filialen der ewig gleichen großen Ketten mit dem überall gleichen Sortiment beschert hat, während der Buchhandel in der Provinz gerade noch als Nebenerwerb des Tabak-und-Schreibwaren-und-Geschenkartikelhändlers mit angeschlossener Lotto- und Paketannahme, bei extrem beschränktem Buchsortiment zu finden ist.

Trotz massiver Werbekampagnen für die elektronischen Bücher ist das gedruckte Buch jedoch noch lange nicht tot, denn auch hier gilt: Der schon immer vergleichsweise hohe Preis für das Buch bleibt relativ unverändert. Die Download-Ausgabe für den E-Book-Reader ist zumeist nicht wesentlich billiger im Angebot als das gedruckte Buch, und die meisten Buch-Leser ziehen die gedruckte und gebundene Ausgabe der rein virtuellen immer noch vor.

Während also der niedergelassene Buchhandel sein Heil in der Konzentration sucht, und sich selbst im Internet präsentiert, setzen die Verlage zunehmend auf die großen Internetportale, wenn es um den Verkauf ihrer Produkte geht. Doch damit geben Sie einen Teil ihrer eigenen Werbe- und Verkaufsstrategie auf. Von nun an bestimmen die Algorithmen in den Programmen der Online-Versandhändler mit, welches Produkt dem Kunden massiv vor Augen geführt wird – und nach welchem man ganz explizit suchen muss.

Überschwemmten vorher die vom Verlag gezielt beworbenen Titel die Regale und Schaufenster des niedergelassenen Buchhandels, ist die Wirksamkeit der massiven Präsenz im Ladengeschäft nun kleiner geworden. Einerseits, weil es weniger Buchhändler gibt, andererseits, weil die erschlagende Produktbreite der verbliebenen Buch-Supermärkte das besonders beworbene Buch immer mehr in der schieren Masse untergehen lässt.

Nicht zuletzt aber wegen der rasanten Zunahme des Marktanteils der Online-Versandhändler. Diese arbeiten anders und gleichen dabei in ihrem Verhalten dem Verlag gegenüber eher dem Verhalten des Großhandels, den sie – für ihren Anteil am Kuchen – schlicht überflüssig gemacht haben.

Selbst Titel, die es in die Bestseller-Listen schaffen, werden vom Online-Handel stets in Verbindung mit anderen Titeln angezeigt, u.a. auch, weil einige davon “endlich” raus müssen. Es reicht, wenn dem Kunden – so, oder so ähnlich – angezeigt wird: “Kunden, die diesen Artikel angesehen haben, haben auch jene Artikel angesehen”, um einen Teil des Werbeaufwandes, den nach wie vor der Verlag zu tragen hat, für andere Titel im Sortiment mit zu nutzen.

Dass gerade der Branchenriese im Online-(nicht nur-Buch)-Handel in Europa von der Steueroase Luxemburg aus operiert und sich damit einen erheblichen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber seinen weniger steuersparsamen Mitbewerbern sichert, der “dank Buchpreisbindung” nicht einmal über Rabatte und Sonderangebote an die Kunden weitergegeben werden braucht, sondern voll in die Gewinnausschüttung fließt, macht es dem Konzern natürlich auch leichter, sich mit nahezu unbeschränkter Kriegskasse in immer neuen Märkten zu etablieren.

Warum also ist Weltbild pleite? Nennen wir es eiskalt “Marktbereinigung”.

Wenn in einem Markt mit einem alljährlich leicht schrumpfenden Umsatzvolumen (2012, stationärer Buchhandel + Internet-Versandhandel: 9,52 Mrd. Euro) der Marktanteil des stationären Buchhandel auf unter 50 Prozent gesunken ist, während sich im Versandbuchhandel ein Branchenriese breitmacht, verschwinden aus dem Kreis der “eingesessenen” Marktteilnehmer ja nicht nur Umsatzanteile, sondern damit – überproportional – auch Gewinnanteile.

  • Nur eine knappe Erklärung, warum Gewinne in der Regel stärker schrumpfen als die Umsätze: Ein Unternehmen, das auf eine bestimmte Geschäftsgröße ausgelegt ist, und bei planmäßiger Kapazitätsauslastung einen Gewinn nach Steuern in Höhe von 3 Prozent des Umsatzes erzielen soll, kann nur einen Teil seiner Kosten der Umsatzentwicklung anpassen. Wer weniger Bücher verkauft, muss zwar auch weniger Bücher einkaufen, doch kann das Unternehmen deswegen auch schon die Geschäftsräume verkleinern? Kann es seine Kreditzinsen reduzieren? Kann es – wenn ein Prozent des Umsatzes wegbricht auch schon ein Prozent der Belegschaft abbauen? In aller Regel nicht. Also werden, bei einem Umsatzrückgang um 1% die Kosten keinesfalls im gleichen Maße sinken. Der Gewinn wird also überproportional schrumpfen.

Weltbild hatte einen Gesamtumsatz von rund 1,6 Milliarden Euro. Wie viel davon zuletzt auf den Umsatz mit Büchern entfiel, habe ich noch nicht herausgefunden, doch halte ich einen Marktanteil von rund zehn Prozent im 10-Millliarden-Markt für realistisch. Trotz dieser Größenordnung schrieb Weltbild Verluste, statt Gewinne, und hat sich damit als schwächstes Glied unter den großen Buchverkäufern erwiesen.

Dafür sind einerseits sicherlich Managementfehler verantwortlich zu machen, andererseits aber auch die Marktmacht von Amazon, einem Konzern, der nicht nur jede Möglichkeit nutzt, in den Ländern, in denen er Umsätze erzielt und Gewinne generiert, keine Steuern zu zahlen, sondern auch bei den Arbeitsbedingungen und Löhnen seiner Mitarbeiter nicht gerade als musterhaft anzusehen ist. Mit dem Ausscheiden von Weltbild als Mitbewerber werden sich die Marktanteile erneut radikal verändern. Hauptsächlich zu Gunsten der Online-Versandhändler, weil diejenigen Kunden, die sich ans Online-Shoppen gewöhnt haben, kaum wieder den Weg in die Buchhandlung zurückfinden werden.

Der verbliebene Online-Buchhandel wird damit einen Umsatzzuwachs erreichen, der deutlich steigende Gewinne verspricht, denn auch hier werden erst die Umsätze wachsen, bevor die fixen Kosten nachziehen – und Hauptprofiteur vom Ausscheiden des Weltbild-Verlags wird wiederum Amazon sein. Amazon hat die bereits bestehende Niederlassungsfreiheit in Europa und die großen Unterschiede in den Steuergesetzen der europäischen Staaten vollkommen ungeniert zu seinem Vorteil ausgenutzt. Alles vollkommen legal.

Jetzt den Zorn auf die Amazon-Manager zu richten, wäre falsch. Die tun ihren Job, und sie tun ihn (leider) verdammt gut.

Der Zorn sollte sich auf diejenigen richten, die verantwortlich sind für die Schaffung der Rahmenbedingungen, die es international agierenden Konzernen ermöglichen, sich – wie eingeschleppte Pflanzen oder Tiere – ohne natürliche Feinde nach Belieben fett zu fressen, ohne dass sie verpflichtet wären, das, was sie den Volkswirtschaften an Ressourcen und Geld entnehmen, in hinreichendem Maße wieder zurückzugeben.

Doch statt aus den Folgen erkennbarer Fehlentwicklungen Lehren zu ziehen, sollen Konzerne – nach dem Willen maßgeblicher deutscher und europäischer Politiker – künftig nicht nur ihre Geschäfte auch weiterhin machen können, wo und wie sie es wollen, sie sollen sogar die Berechtigung erhalten, gegen Staaten zu klagen, sollten diese es wagen, künftig Gesetze zu erlassen, die ihre Geschäfte und Gewinne beeinträchtigen. Das ist der Kern des immer noch hinter verschlossenen Türen vorangetriebenen Freihandelsabkommens mit den USA – und dieser Kern ist eine abgrundtiefe Schweinerei!

Sollte das kommen, und der Widerstand dagegen ist wieder nur an den äußersten Rändern der Gesellschaft zu erkennen, nicht aber in den Zentralen der großen politischen Parteien, nicht in den Redaktionen der meinungsbeherrschenden Medien, dann wird der europäische Markt endgültig zum Dorado internationaler Konzerne, gegen die sich das Volk, von dem angeblich immer noch alle Staatsgewalt ausgeht, nicht einmal mehr dann wehren kann, wenn es endlich einmal – und sei es nur aus Protest – eine Regierung wählen sollte, die vorrangig seine Interessen vertritt.

Die Krokodilstränen, die heute um Weltbild geweint werden, sind nichts als pure Heuchelei, solange dem nicht auch wirksame Anstrengungen folgen, den heute schon grotesken Wettbewerbsverzerrungen entgegen zu wirken, statt immer neue Einfallstore für verantwortungslose Geschäftemacher zu öffnen. Nicht der Internethandel, nicht die E-Books, haben Weltbild in die Pleite getrieben, denn bei beiden hätte Weltbild gleichziehen können, wohl aber die Steuergesetze Luxemburgs. Amazon zahlt dort nur 3% Steuern auf den Gewinn.

Ganz abgesehen von den diversen Umsatzsteuerersparnissen, die sich aus den Regeln des innergemeinschaftlichen Handels für einen großen Direktversender ergeben, der seinen Sitz in einem Zwergstaat hat, ist das eine so massive Wettbewerbsverzerrung, dass das Wort vom “gemeinsamen Europa” wie blanker Hohn klingt. Amazon trifft mit seiner Strategie aber nicht nur die großen Konkurrenten. Ganz nebenbei wird auch das Geschäft der kleineren Anbieter von Amazon mitbestimmt.

Was macht Amazon mit einem kleinen Verlag?

Wie Sie wissen, bin ich selbst vor über zehn Jahren unter die Verleger gegangen. Der Plan war damals, selbst herausgebrachte Bücher ausschließlich über den eigenen Online-Shop zu vertreiben, denn auf diese Weise konnte ich die Vertriebskosten sparen und trotz der höheren Herstellungskosten kleiner Auflagen mit marktgerechten Preisen antreten.

Als ich eines Tages nach einem meiner eigenen Titel googelte, fand ich zu meiner Überraschung nicht nur den EWK-Verlag unter den Fundstellen, sondern auch Amazon. Und weil Amazon so groß und so viel besucht ist, steht Amazon bei Google natürlich vor dem EWK-Verlag in den Ergebnissen. Als ich die Seite aufrief, fand ich dort das Coverbild meines Titels, die Kurzbeschreibung und – sehr zu meinem Ärger den fiesen Spruch:

“Führen wir nicht oder nicht mehr”.

Dazu dann ein halbes Dutzend Bücher anderer Verlage mit ähnlicher Thematik, die von Amazon ersatzweise angeboten wurden.

Ohne dass ich dem je zugestimmt hätte, hatte mich Amazon also benutzt, um Kunden für Bücher anderer Verlage zu gewinnen.

Offenbar kopiert sich Amazon regelmäßig die Online-Einträge aus dem Verzeichnis lieferbarer Bücher und zeigt diese dem interessierten Kunden auch an. Bei Verlagen, die nicht über Amazon anbieten, erscheint dann der fiese Spruch “führen wir nicht oder nicht mehr” und dazu “zum Trost” das Angebot anderer Titel, die über Amazon vertrieben werden.

Nun, ich habe beschlossen, dass es besser ist, wenn Interessenten auch das Buch aus meinem Programm bei Amazon finden, nach dem sie gesucht haben, statt sich von Amazon einen anderen Titel unterjubeln zu lassen.

Für das Verkaufen über Amazon gibt es zwei grundsätzliche Methoden. Entweder man übergibt Amazon die Bücher, Amazon verkauft sie in eigenem Namen und sorgt damit auch für den Versand, oder man stellt seine Bücher bei Amazon-Marketplace ein, erhält bei Bestelleingang eine Mitteilung und versendet die Bücher dann selbst an den Endkunden, während Amazon das Inkasso übernimmt und alle zwei Wochen automatisch die Erlöse überweist.

Der erste Weg wäre für mich ruinös, weil die von Amazon geforderten Rabatte gut 50 Prozent des Ladenpreises ausmachen und zudem recht große Mengen eingelagert werden müssen, die Amazon jedoch auch schlicht wieder zurückgeben kann, wenn der Titel sich nicht so gut verkauft.

Der zweite Weg ist für mich gangbar. Für den Kunden allerdings teurer, weil Amazon für Marketplace-Angebote vom Endkunden eine Versandkostenpauschale von drei Euro erhebt, die an mich durchgereicht wird, während Amazon für seine Leistung eine Gebühr erhebt, die immer noch ungefähr 30% des Ladenpreises ausmacht.

Wenn man bedenkt, dass sich die Gesamtleistung von Amazon dabei vollautomatisch in Computersystemen abspielt, die tatsächlichen Kosten für eine Transaktion also allenfalls im niedrigen einstelligen Cent-Bereich liegen, ist der Gewinn gegenüber dem stationären Buchhandel, dessen Rabatt ungefähr genauso viel ausmacht, wie die Gebühr, die Amazon verlangt, um ein Vielfaches höher, als das, was der Buchhändler mit seinen weitaus höheren Kosten am Ende übrig behält.

Und dabei darf nicht vergessen werden: Der Gewinn des Buchhändlers wird vom deutschen Fiskus als Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer herangezogen – und da können dann locker noch einmal 40 Prozent wegbrechen , während Amazon im schönen Luxemburg (Herr Juncker lässt grüßen) nur 3 Prozent abzugeben braucht.

Doch solange es Amazon gestattet ist, meine Bücher als Lockmittel in seinen Online-Shop aufzunehmen, solange muss ich halt auch auf Amazon-Marketplace präsent sein.

Erpressung darf man das nicht nennen. Es ist halt einfach nur die Wirkung einer “Marktmacht”.

  • Ich verkaufe nicht bei Amazon, weil mir das Spaß macht.
  • Ich verkaufe nicht bei Amazon, weil ich dem niedergelassenen Buchhandel schaden will.

Ich verkaufe – auch – über Amazon, weil Amazon sich über das Internet so geschickt zwischen mich und meine potentiellen Kunden drängt, dass mir gar nichts anderes übrig bleibt.

 
     
  erschienen am 16. Januar 2014 auf > Egon-W-Kreutzer.de > Artikel  
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