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  Vlad the Bad stiehlt ein Grenzgebiet im Westen

Eric Margolis

 

Der sowjetische Anführer Joseph Stalin pflegte Kritiker mit seinem zentralasiatischen Lieblingssager abzutun: „Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter.“

Russlands leidenschaftslos blickender Präsident Vladimir Putin folgt der gleichen Strategie in Bezug auf Ukraine und Krim.

Geschickt schob Putin seinen Springer auf das leere Schachfeld Krim und gewann dadurch volle Kontrolle über eine von Russlands vier strategischen Hafenregionen: Sevastopol, Murmansk, St. Petersburg und Vladivostok.

Sevastopol, jetzt fest in Moskaus Händen, ist Russlands einziger Zugang zum Schwarzen Meer, zum Mittelmeer und in den Mittleren Osten. Der riesige gemeinsam betriebene russisch-ukrainische Marinehafen Sevastopol war eine wackelige heikle Abmachung, die verurteilt gewesen wäre, letztendlich zu scheitern. 

Die halbautonome Krim, zu über 60% von ethnischen Russen bewohnt, wird am 16. März ein Referendum abhalten, um zu entscheiden, ob sie bei der Ukraine bleibt oder wieder zu Russland geht. Eine Volksabstimmung ist eindeutig die Antwort auf das ganze ukrainisch-russische Problem.

Seit ihrer Trennung von Russland im Jahr 1991 war die Ukraine ein von Korruption geplagter Versagerstaat. Ich habe schon lange vorgeschlagen, dass die Aufteilung der Ukraine in nach Westen und nach Russland orientierte Hälften die vernünftige Lösung ist, wobei die Krim zu Russland zurückkehrt.

Putin fragt, warum die Krim nicht ihre Verbindungen mit Kiew abbrechen kann, wenn der vom Westen unterstützte Kosovo von Serbien unabhängig werden kann?

Die vorübergehende Angliederung der von einer russischen Mehrheit bewohnten Krim im Jahr 1954 nach 250 Jahren russischer Herrschaft an die Ukraine war unnatürlich, eine tickende Zeitbombe. Die ist jetzt explodiert, teilweise gezündet von der erfolgreichen Bemühung des Westens, die gewählte, aber korrupte Regierung Viktor Janukowitschs in Kiew zu stürzen.

Als unkooperativ oder feindlich betrachtete Regimes zu stürzen war lange eine Spezialität der CIA. Deren erster großer Erfolg kam 1953 mit dem Sturz des demokratisch-nationalistischen Anführers des Iran Mohammad Mossadegh durch eine Kombination von Propaganda, gemieteten Mobs und Bestechungsgeldern. Wir sahen den neuerlichen Einsatz dieser Technik – verstärkt durch moderne soziale Medien – in der ersten orangen Revolution in der Ukraine, in Georgien, neuerlich im Iran (erfolglos), und mit Hilfe von Sondereinheiten der Vereinigten Staaten von Amerika und des Vereinigten Königreichs in Libyen und Syrien. Dann kam Ägypten dran, wo ein von den Vereinigten Staaten von Amerika unterstützter Westentaschen-Militärdiktator, der selbsternannte „Feldmarschall al-Sisi“ behauptet, die Antwort auf den „Ruf des Volkes“ zu sein. Kein Pieps aus Washington. Oder wegen der Zerschlagung der Opposition durch Bahrains von den Vereinigten Staaten von Amerika gestützte Monarchie.

Russland, das auch fachkundig war im Bereich der Subversion, hat in den letzten Jahren nachgelassen, kennt aber immer noch die Zeichen. Der Kreml ist überzeugt, dass der letzte Umsturz in der Ukraine von Washington betrieben wurde. Die Ministerialdirektorin im Ausßenministerium der Vereinigten Staaten von Amerika gab zu, dass Washington im Lauf der letzten Jahre in der Ukraine $5 Milliarden ausgegeben hat, um das Land in den westlichen Einflussbereich zu bringen – auch genannt „Aufbau der Demokratie.“

Zwei Punkte seien angemerkt. Dachte Washington, dass der zähe Vlad Putin seinen Putsch einfach hinnehmen würde?

Zum zweiten ist es erstaunlich, wie entschlossen Washingtons kalte Krieger dahinter sind, Russland niederzureißen. Die bankrotten Vereinigten Staaten von Amerika, $17Billionen Schulden, angewiesen auf von China geborgtes Geld, wo Brücken einstürzen und 44 Millionen Bürger auf Lebensmittelmarken angewiesen sind, finden plötzlich das Geld, um der bankrotten Ukraine einen neuen Kredit über $1Milliarde anzubieten – nur um mit Moskau zu konkurrieren. Einen Kredit, dessen Rückzahlung höchst unwahrscheinlich ist.  

Amerika hat die schlimme Angewohnheit, ausländische Angelegenheiten zu personalisieren und unkooperative Anführer zu dämonisieren. Erinnern Sie sich, wie Ägyptens Gamal Abdel Naser als „Hitler am Nil“ denunziert wurde? „Gaddafi, der verrückte Hund im Mittleren Osten?“ Die meisten Amerikaner haben wenig Ahnung von Geografie, Geschichte oder Weltpolitik, daher ist der einfachste Weg zur Vermarktung der Abenteuer in Übersee die Schaffung von ausländischen Feindbildern wie Gaddafi und Saddam.

Vladimir Putin ist das neueste. Von den Medien der Vereinigten Staaten von Amerika und des Vereinigten Königreichs wird er hysterisch dämonisiert. Vlad the Bad (Vladimir der Böse). 

In beunruhigender Weise überhäufen die Republikaner der Vereinigten Staaten von Amerika und die üblichen Medienpropagandisten Präsident Barack Obama mit Vorwürfen, er habe „die Krim verloren,“ als wenn nur einer von ihnen vor der letzten Woche gewusst hätte, wo diese liegt. John McCain und sein Kumpel Senator Lindsey Graham haben gefordert, Obama müsse „Stärke zeigen.“

Sicher. Verminen wir Russlands Häfen oder blockieren seine Öl- und Gasexporte. Nichts zeigt so gut wie ein Atomkrieg, wie schwach die Demokraten sind. Gottseidank ist John McCain nicht Präsident geworden. Die Gimpel bei Fox TV können nicht sagen, was der Unterschied ist zwischen Vorsicht und Feigheit. 

Präsident Putins Absicht ist es, langsam einige Teile der alten UdSSR wieder zusammenzuführen, wobei die Ukraine der wichtigste ist. Das zu tun liegt in Russlands nationalem Interesse, auch wenn uns das nicht passen wird. Nahezu alle Russen glauben, dass Putin sich auf dem rechten Weg befindet. Im Gegensatz dazu will Washington Russland schwach halten und es als unterwürfiges besiegtes Land behandeln, so wie Nachkriegs-Deutschland oder -Japan.

Die Vereinigten Staaten von Amerika werden nicht akzeptieren, dass Russland legitime Einflusssphären hat, während die Washingtons den Erdball umspannen. Der Außenminister der Vereinigten Staaten von Amerika John Kerry, der ein sensibler Bursche war, ehe von der Macht korrumpiert wurde, kritisierte Russland heftig: „man marschiert nicht einfach unter einem erfundenen Vorwand in ein Land ein!“

Ich glaube, Kerry hat noch nie etwas gehört von den Invasionen der Vereinigten Staaten von Amerika in die Dominikanische Republik, den Libanon, Grenada, Panama, Haiti, Afghanistan, den Irak, Somalia und Libyen. Oder kann sich nicht mehr erinnern an Vietnam und den „Zwischenfall“ im Golf von Tonkin.

Kerry sollte die Scheinheiligkeit zurückdrehen und sich an die Arbeit an einer diplomatischen Lösung machen. Zwei großen atomar bewaffneten Mächten kann – darf – nicht erlaubt werden, sich gegenseitig feindlich gegenüberzutreten.

Die Ukraine könnte sich als das Bosnien-Herzegowina 1914 unserer Zeit herausstellen, wenn wir nicht aufhören mit dem primitiven Drauflosschlagen wegen einer Region, die bis vor kurzem niemand auf einer Landkarte finden konnte.

 
     
  erschienen am 8. März 2014 auf > www.ericmargolis.com  
  Archiv > Artikel von Eric Margolis auf antikrieg.com  
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