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  Es gibt keinen guten Krieg und keinen schlechten Frieden! (Benjamin Franklin)  
     
  Israels ‚Recht sich zu verteidigen’: Ein Aggressor kann nicht in Selbstverteidigung handeln

Robert Barsocchini

 

Die Feststellung, dass Israel das Recht hat, sich selbst gegen Palästina zu verteidigen, läuft auf dasselbe hinaus, als wenn die Vereinigten Staaten von Amerika Kuba (die Teile Kubas, die die Vereinigten Staaten von Amerika nicht schon rechtswidrig besetzen und als Folterlager Guantánamo benutzen) annektieren, besetzen und beginnen würden, illegale Siedlungen zu errichten, und dann die Vereinigten Staaten von Amerika das Recht hätten, sich gegen Kubaner zu „verteidigen,“ die sich gegen diese Aggression zur Wehr setzen.

Jeder außer verblendeten Fundamentalisten und/oder hoffnungslos Korrupten würde über die Auffassung lachen, dass in einer solchen Situation ein Vorgehen der Vereinigten Staaten von Amerika gegen sich wehrende Kubaner „Verteidigung“ wäre. Gleichermaßen lacht die Welt über die Auffassung, dass Israel sich gegen die waffentechnisch weit unterlegenen Palästinenser „verteidigen“ kann, die sich der israelischen Aggression entgegenstellen.

Das Internationale Recht widerspiegelt die Dynamik dieser Situation mit gesundem Menschenverstand, den jedes Kind leicht verstehen und naturgemäß begreifen kann.

Die Professorin für Internationales Recht an der Universität Georgetown Noura Erakat erklärt die relevanten Regeln:

… wo bereits eine Okkupation besteht, steht das Recht, militärische Gewalt zur Wiederherstellung der Ordnung als Reaktion auf einen bewaffneten Angriff einzusetzen, im Gegensatz zu polizeilicher Gewalt dem besetzenden Staat nicht als Mittel zur Verfügung.

… das Recht auf Selbstverteidigung gemäß Internationalem Recht steht Israel seit 1957 in Bezug auf seinen Umgang mit realen oder angenommenen Bedrohungen, die aus der Bevölkerung der West Bank und des Gazastreifens kommen, nicht zur Verfügung. 

Eine Besatzungsmacht kann militärische Gewalt als Selbstverteidigung in einem Territorium, für das sie als Besatzer die Verantwortung trägt, nicht rechtmäßig einsetzen.

Wie auch immer, Leute und/oder Gruppen, die schwächere Gruppen unterdrücken, versuchen den elementaren gesunden Menschenverstand abzustreiten und die Regeln für das, was sie tun umzuschreiben, um sich in Hinblick auf ihre furchtbaren Taten besser zu fühlen. Zum Beispiel erlegte sich die spanische Inquisition selbst kleine Regeln auf für die Behandlung ihrer Folteropfer, wie zum Beispiel, dass diese nicht bluten sollten. Anstatt also Daumenschrauben zu verwenden (eine Euro-Lieblingstechnik), verbrannte die Inquisition die Menschen lebendig, da das, wie sie in ihrem Irrsinn behaupteten, die Menschen nicht zum Bluten brachte und somit die Inquisitoren der Moral und dem Gesetz treu waren, zumindest in ihren verschissenen und selbstgerechten Hirnen. (Sie ließen Menschen durch verschiedene Foltern auch bluten, indem sie einfach ihre eigenen Regeln nicht einhielten.)

Das ist natürlich das, was Israel, die Vereinigten Staaten von Amerika und alle korrupten widerlichen Machtzentren machen. Erakat erklärt, wie Israel diese Spiele mit dem Internationalen Recht spielt: 

Israel versucht, sich um das Internationale Recht herumzuschwindeln, indem es behauptet, die palästinensischen Territorien im Sinne des Internationalen Rechts nicht zu okkupieren. Der Unsicherheitsrat, der Internationale Gerichtshof, die UNO-Vollversammlung und nicht zuletzt der israelische oberste Gerichtshof haben diese Position der israelischen Regierung rundweg zurückgewiesen.

In seiner Sitzung im Jahr 2012 beschrieb das UN-Komitee für die Abschaffung von Rassendiskriminierung die derzeitigen Umstände nach Jahrzehnten der Besatzung und der damit verbundenen Repression als gleichbedeutend mit Apartheid.

(Der Internationale Gerichtshof urteilt, dass „Artikel 51 der Charta [das Recht auf Selbstverteidigung] keine Bedeutung hat“ in Hinblick auf Israels Angriffe und Massaker in den Territorien, die es illegal okkupiert und kolonisiert.)

… Israel verdreht/verfälscht Internationales Recht, um seinen Einsatz von militärischer Gewalt zum Schutz seiner kolonialen Herrschaft zu rechtfertigen …

Dadurch zwingt Israel:

… die Menschen im Gazastreifen, einer der stärksten Militärmächte auf der Welt gegenüberzustehen, ohne dass sie entweder über ein eigenes Militär oder über realistische Möglichkeiten verfügen, an Mittel heranzukommen, um sich selbst zu verteidigen. 

Würde sich Israel über Kleinigkeiten wie Ehre den Kopf zerbrechen, dann würde es den Bewohnern Gazas helfen oder erlauben, Lenkwaffen zur Selbstverteidigung zu bekommen. Der israelische Staat bevorzugt jedoch, seine Zivilbevölkerung als menschlichen Schutzschild zu gebrauchen (eine Taktik, die Israel ständig benützt), um die paar ungelenkten Raketen abzufangen, die bevölkerte israelische Gebiete erreichen, anstatt lenkbare Raketen ausgesuchte israelische Militäreinrichtungen treffen zu lassen, die mit der israelischen zivilen Gesellschaft verwoben sind.

Erakat kommt zum Schluss, dass nachdem das Verhalten des Staates Israel ein „Affront gegen die internationale humanitäre Rechtsordnung“ ist, „die Verpflichtung zur Änderung und zur Gewährleistung des Schutzes der Zivilbevölkerung auf den Schultern von Bürgern, Organisationen und Massenbewegungen liegt, die ihre Regierungen beeinflussen können, das Internationale Recht durchzusetzen. Es gibt keine Alternative zu politischer Mobilisierung, um staatliches Verhalten zu gestalten.“

… 

Die nächste Frage ist, ob die Palästinenser das Recht haben, Waffen zu benützen, um sich gegen illegale israelische Okkupation, Annektierung, Besiedelung und Aggression zu wehren.

Wenn wir zurückkommen auf unsere Metapher von den Vereinigten Staaten von Amerika, die Kuba besetzen, dann lautet die Antwort nach gesundem Menschenverstand/Fairness natürlich ja. Und wieder, der Grund dafür, dass viele Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika nicht sofort mit ja antworten auf die Frage, ob die Palästinenser berechtigt sind, Gewalt einzusetzen, um sich selbst gegen Israels bewaffnete Aggression zu wehren, liegt darin, dass Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika ganz und gar keine Informationen bekommen, die für gesunden Menschenverstand und Weltmeinung stehen. Was ihnen vorgeführt wird repräsentiert Meinung und „Berichterstattung,“ die schwer zugunsten der von den Vereinigten Staaten von Amerika unterstützten Aggressoren voreingenommen sind, und in einer Art präsentiert werden, die von offenkundig über subtil und unterbewusst reichen, von natürlichem Ethnozentrismus bis zu vorsätzlicher Hinterlist.

Aber noch einmal, wenn wir das Internationale Recht betrachten, dann repräsentiert dieses eine Interpretation der Situation nach gesundem Menschenverstand, auf die jedes Kind kommen würde.

Die Experten für den Mittleren Osten LeVine und Hajjar erklären, dass es den Palästinensern nicht verboten ist: 

… Waffen zu benutzen, um sich gegen die Okkupation zu wehren.

Einem zusätzlichen Protokoll entnahm ich das Recht der Menschen, Waffengewalt zu benutzen, um sich gegen ausländische Okkupation wie auch kolonialistische Beherrschung zur Wehr zu setzen, und um gegen rassistische Regimes in Ausübung ihres Rechts auf Selbstbestimmung zu kämpfen. Dieses Protokoll war verkündet worden mit dem Ziel, internationale Menschenrechtsstandards in assymetrische Kriege (zwischen Staaten und nichtstaatliche Gruppen) einzuführen.

Israel (wie auch die Vereinigten Staaten von Amerika) hat sich geweigert, dieses Protokoll zu unterzeichnen und anerkennt nicht das Recht von nichtstaatlichen Gruppen, für diese speziellen Anliegen zu kämpfen, sogar wenn sie sich an die Gesetze des Krieges halten. Die Rechtmäßigkeit des Einsatzes von Gewalt ist allerdings nicht gebunden an den Status der Gegner, sondern daran, ob diejenigen, die kämpfen, das in Übereinstimmung mit dem oben angeführten Internationalen Humanitären Recht (IHL) tun (und – wie Dr. Norman Finkelstein und andere bemerken – davon, ob eine Gruppe, die angegriffen wird, die Möglichkeit oder Fähigkeit besitzt, im Rahmen der technischen Grenzen des IHL zurückzuschlagen, z.B. ob die Palästinenser lenkbare und somit legale Geschosse haben, die sie als Abschreckung verwenden können? Haben sie nicht. Haben sie deswegen kein Recht, auf die wirksamste mögliche Art zurückzuschlagen, die ihnen zur Verfügung steht?)

Die, wie ich bereits bemerkt habe, weitgehend symbolischen und ineffektiven palästinensischen Raketenangriffe – die in ihrer gesamten Geschichte etwa 30 Menschen getötet haben – werden nicht nur unter der illegalen israelischen Okkupation abgefeuert, sondern hauptsächlich „zur Vergeltung für vorhergehende willkürliche Tötungen von Zivilisten in Gaza durch Israel,“ was zwei Fliegen auf einen Streich trifft – die Illegalität der israelischen Vorgangsweise und das Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung.

Unter den Beispielen für doppelte Kriegsverbrechen der Israelis (die illegale Okkupation kombiniert mit weiteren militärischen Angriffen/Aggression), die defensive Vergeltung aus Palästina hervorgerufen haben, finden sich: 

… der Mord am 5. November 2012 an einem 23 Jahre alten geistig behinderten Mann, der zu nahe an den Grenzzaun kam, und an zumindest einem Buben, der fünf Tage später getötet wurde, als er Fussball spielte. Zwei weitere Palästinenser, die letzteren zu Hilfe eilten, wurden selbst unmittelbar durch drei weitere Geschoße getötet, die von israelischem Militär abgefeuert wurden (2012, und ähnliche Angriffe seitens der israelischen Besatzer 2014, die im Gegenzug zu Raketenbeschuss führten, wie Israel zugibt.)

2012 führten zum Beispiel israelische Angriffe zu einem Vergeltungsangriff der Volksfront für die Befreiung Palästinas, die ein Panzerabwehrgeschoss auf einen Armeejeep nahe der Grenze abfeuerte, wodurch vier Soldaten verletzt wurden. Dieser Angriff einer Gruppe, die nicht unter der Kontrolle von Hamas stand, führte im Gegenzug zum Angriff auf Jabari und zum Totalangriff Israels auf Gaza.

Der zweite Faktor, der die Selbstverteidigungsgeschichte umschmeisst, ist dass Jabari beteiligt war an den Verhandlungen über einen von Ägypten vermittelten umfassenden langfristigen Waffenstillstand mit Israel, als er ermordet wurde. In einem Kommentar am 17. November in der New York Times erklärte der israelische Wissenschaftler Gershon Baskin (der als Mediator an diesen Verhandlungen teilnahm), dass man Jabari eine fast fertige Version des Abkommens gegeben hatte, ehe er getötet wurde. 

… die unmittelbaren Ursachen für die gewalttätigste Welle von Raketenfeuer waren genau die willkürlichen Tötungen von palästinensischen Zivilisten durch die israelische Armee und die Ermordung des Regierungsvertreters, der an den Verhandlungen beteiligt war, die solche Raketenangriffe langfristig reduzieren sollten. Darüber hinaus mussten israelische Regierungsvertreter wissen und annehmen, dass der Mord an Jabari einen gewaltsamen Gegenschlag der Palästinenser nach sich ziehen würde, was ernste Fragen in Hinblick auf ihre moralische und politische Verantwortung für die nachfolgende Gewalt aufwirft. 

Die oben dargelegten Umstände gleichen genau dem israelischen Massaker im Jahr 2014 im von Israel besetzten Gaza, welches mit der Tötung von Bewohnern Gazas durch Israel begann, darunter der Ermordung von Kindern auf Video, gegen den Hintergrund eines unmittelbar bevorstehenden Abkommens zwischen Hamas und der Führung in der West Bank, mit Zustimmung der Vereinigten Staaten von Amerika und der Europäischen Union. Das trieb Israel auf die Palme aufgrund der Aussicht auf eine weitere „palästinensische Friedensoffensive,“ welche Israels Fähigkeit beeinträchtigen könnte, weiterhin illegal Territorium außerhalb seiner legalen und international anerkannten Grenzen zu kolonisieren.

In der Tat müssen Israels Angriffe auf besetzte Flüchtlingslager wie Gaza „vor dem Hintergrund einer Realität beurteilt werden, die, obwohl die israelischen Regierungsvertreter vehement dagegen sind ... sich einer überwiegenden internationalen gemeinsamen Auffassung erfreut: Nämlich, dass die Gesamtheit der Territorien, die von Israel 1967 geschnappt wurden, gemäß Internationalem Recht okkupiert bleibt.“ 

Die Professoren fassen zusammen:

Einfach gesagt hat ein okkupierender Staat kein gesetzliches Recht, einen militärischen Krieg gegen eine besetzte Bevölkerung zu führen. Der okkupierende Staat ist im Gegenteil gesetzlich dazu verpflichtet, deren Rechte zu schützen und die Interessen dieser Bevölkerung vorrangig zu behandeln, etwas, was Israel augenscheinlich in keinem Teil der besetzten Territorien gemacht hat.

Die Besatzungsmacht hat auch Rechte, darunter das Recht, die Ordnung aufrecht zu erhalten und Schritte zu setzen, um ihre eigene Sicherheit zu gewährleisten. In Zusammenhang mit einer Okkupation sind diese Optionen jedoch beschränkt auf polizeiliche Maßnahmen und höchstens auf den Gebrauch leichter Waffen, um einer unmittelbaren Bedrohung zu begegnen, aber nicht auf ausgewachsenen Krieg.

Israel praktiziert „ständige Anwendung von groß angelegter willkürlicher Gewalt gegen Menschen und Raum von Gaza – und, nicht weniger wichtig, auch gegen die West Bank ...“

Diese Handlungen bilden „in diesem Zusammenhang nicht nur Kriegsverbrechen, sondern Verbrechen gegen die Menschlichkeit, und aufgrund ihrer eindeutig aggressiven Natur ein Verbrechen gegen den Frieden.“

Wie alle aggressiven Verbrecher würde Israel bevorzugen, auf keinen Widerstand zu stoßen, und besteht daher natürlich darauf, dass die Palästinenser „keinerlei Recht auf den Einsatz von Gewalt haben, nicht einmal zur Selbstverteidigung.“ Derartige verzweifelte Behauptungen bieten „einen wichtigen Einblick, wie Israel das Recht interpretiert, um die Rechtmäßigkeit von politischen Vorgangsweisen und Praktiken zu konstruieren, die es verfolgen will.“ 

Anerkannt als wichtigste und maßgebende moralische Stimme zum Thema Widerstand gegen Tyrannei sprach Mahatma Gandhi speziell zum Thema der israelischen Tyrannei gegen Palästina und sagte:

... die Israelis können sich in Palästina nur aufgrund des guten Willens der Araber ansiedeln ... nichts kann gesagt werden gegen den arabischen Widerstand angesichts überwältigender Chancen

 
     
  erschienen am 17. Juni 2015 auf > Empire Slayer > Artikel  
 
siehe dazu im Archiv:
  Eric Walberg - BDS 2010: mächtiger als das Schwert
  John Kozy - Israel – nur eine weitere unglückselige britische Kolonie
  Paul Craig Roberts - Raub und Mord bilden Israels Weg durch Palästina
  Oded Na'aman - Die Kontrollstelle
  Ira Chernus - Israelische Soldatinnen brechen das Schweigen
  Larry Derfner - Rütteln am Käfig: Unser exklusives Recht auf Selbstverteidigung
  Ismael Hossein-zadeh - Das Chaos im Mittleren Osten und darüber hinaus ist geplant
  Susan Abulhawa - Die abscheuliche Heuchelei des Westens
  Jim Naureckas - ‘Gleich oft falsch wie richtig’ reicht, wenn über einen offiziellen Feind berichtet wird
  Jonathan Turley - Das Große Geld hinter dem Krieg: der militärisch-industrielle Komplex
  John Philpot - Versagen des Internationalen Rechts und der Menschenrechtsinstitutionen: Palästina, Syrien und Irak im Jahr 2014
 
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