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  Moldawiens ‘Twitter-Revolution’ – made in USA?

Daniel McAdams

Das gibt eine großartige Schlagzeile, wie sie die internationalen Medien gerne haben: begeisterte junge Moldawier greifen zu ihren iPhones, eilen ins Stadtzentrum und twittern ihren Weg zu einer Revolution gegen eine kommunistische Partei, die gerade eine Wahl gestohlen hat. Diese Geschichte gab´s bereits mit Orangen und Rosen und Tulpen und fast mit Denim, wobei die Presse die Vorgänge jedesmal auf ein paar Slogans reduzierte, die sie so lange wiederholte, bis diese ohne besondere weitere Überprüfung als Realität akzeptiert wurden.  

Das ist auch der Fall bei den jüngsten Ereignissen in Moldawien, wo schon beim bloßen Überfliegen der Medienberichte die enormen Widersprüche zwischen der objektiven Wirklichkeit und den Meldungen über die „Twitter-Revolution“ grell ins Auge stechen.  

Die Proteste, die am Dienstag zunahmen, wurden ausgelöst durch Behauptungen, dass die kommunistische Partei von Präsident Vladimir Voronin die Parlamentswahlen am vergangenen Sonntag gefälscht habe, um eine ausreichende Mehrheit für eine Änderung der Verfassung zu bekommen, damit Voronin über die bisher erlaubte Dauer hinaus im Amt bleiben könne. Dieser Wahlsieg war im Vorhinein weitgehend erwartet worden. Während die Medien lauthals die „spontane“ Massenbewegung zum Sturz Voronins bejubeln, braucht man nicht lange zu suchen, um die über die gesamte Szene verstreuten Fingerabdrücke der Außenpolitik der Vereinigten Staaten von Amerika zu finden.   

Beginnen wir mit den Twitterern. Laut einem Artikel in der New York Times* behauptete eine der Anführerinnen der Twitterrevolution, sie hätte 15.000 Menschen auf die Strasse bekommen können mit „sechs Leuten, 10 Minuten Brainstorming und Entscheidungsfindung, einigen Stunden Verteilung der Information über Netzwerke, Facebook, Blogs, SMS und e-mails.“ Das ist beeindruckend.

Im selben Artikel erfahren wir, den Tatsachen entsprechend, dass Moldawien eines der ärmsten Länder Europas ist. Das durchschnittliche Monatseinkommen beträgt etwa 2.532 lei, das sind US$ 230. Im Vergleich mit dem durchschnittlichen Einkommen von ca. US$ 4.000 im Monat in den Vereinigten Staaten von Amerika lässt sich die reale Armut in Moldawien erahnen.

Wie wir der Website eines der führenden Mobilfunkanbieter in Moldawien entnehmen, müsste  ein junger Moldawier für ein twittertaugliches iPhone 6.599 lei berappen, was etwa dem Zweieinhalbfachen seines Monatseinkommens entspricht. Das würde für den Amerikaner US$ 10.000 ausmachen. Da würden nicht viele Kinder ein iPhone haben. Ein einfacher DSL-Internet-Zugang mit einem weniger teuren Gerät würde den jungen Moldawier rund 500 lei im Monat kosten, im Vergleich dazu den Amerikaner etwa US$ 800. Wie kann sich dieses verarmte Land einen derartigen Luxus leisten? 

Für viele von uns, die sich bereits über das plötzliche Auftauchen großer Mengen von Plasma-Screen-Fernsehgeräten in der ebenso armen Ukraine im Zuge der „Orangen Revolution“ gewundert haben, lässt auch die Vorstellung, dass tausende junger Moldawier derartige Summen für ihr Twitter ausgeben, ähnliche Fragen aufkommen.

Was heizt also diese Revolution an? Ein kurzer Blick auf die Website* einer der moldawischen NGOs (NGO = Nicht-Regierungs-Organisation), die führend an den Bestrebungen beteiligt ist, die gewählte Regierung Moldawiens zu stürzen, der „Hyde Park Organization“ enthüllt einen interessanten Gönner: am unteren Rand der Seite, neben einem Siegel der Vereinigten Staaten von Amerika, ist folgendes zu lesen: „Diese Website wird kostenlos durch das IATP (Internet Access and Training Program = Programm für Zugang und Ausbildung für das Internet) zur Verfügung gestellt. IATP ist ein Programm des ECA (Bureau of Educational & Cultural Affairs = Büro für Ausbildungs- und Kulturangelegenheiten), Außenministerium der Vereinigten Staaten von Amerika, finanziert im Rahmen des FSA (Freedom Support Act = Gesetz zur Unterstützung der Freiheit)." 

Schürft man ein bisschen tiefer, so kann man auf der Website der USAID* (U.S. Agency for International Development = U.S. Agentur für internationale Entwicklung) sehen, dass die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika durch ausgegliederte Einrichtungen wie das International Republican Institute und das National Democratic Institute große Geldbeträge nach Moldawien fließen lässt unter so faszinierenden Titeln wie „Stärkung demokratischer politischer Aktivitäten in Moldawien (SPA).“ USAID rühmt sich damit, dass dieses Programm „neue politische Aktivisten heranbildet, die konkrete politische Ziele formulieren und verfolgen können ...“ Daran besteht kein Zweifel. 

Ein weiteres Programm unter dem Titel „Internet Access and Training Program“ (Programm für Zugang und Ausbildung für das Internet) kann weitere Hinweise geben, woher all diese Twitterer kommen. Laut der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika versorgt dieses Programm „lokale Gemeinschaften mit freiem Zugang zum Internet und ausführlicher Ausbildung in allen Bereichen der Informationstechnologie.“ Werden bei der Ausbildung iPhones eingesetzt? 

Die Medien, die ihre Geschichte bereits unter Dach haben, machen sich lustig über die Klagen des moldawischen Präsidenten, die Proteste seien „gut vorbereitet, gut durchdacht, koordiniert, geplant und finanziert“, aber wird das nicht schon auf der Website von USAID behauptet? Wofür sollen die Vereinigten Staaten von Amerika denn sonst NGOs in Projekten wie dem „Moldova Citizen Paticipation Program“ („Moldawisches Bürgerbeteiligungs-Programm“) ausbilden und finanzieren, deren Ziel es ist, „die Möglichkeiten von Bürgern auszubauen, in ihren Gemeinschaften greifbare und positive Änderungen herbeizuführen ... durch die Bereitstellung von Ausbildung, Beratung und Finanzierung bürgernaher Projekte und Stärkung der Fähigkeit von NGOs und Bürgergruppen, ihre Gemeinschaft zu mobilisieren, Änderungen anzustreben und die Regierung zur Verantwortung zu ziehen“? In den bisherigen Farbenrevolutionen haben wir gesehen, wie der Begriff „Demokratie“ pervertiert worden ist, nur um genügend Menschen auf die Straße zu bekommen für den Sturz einer gewählten Regierung. 

Was soll´s? Aus dem selben Grund haben die Vereinigten Staaten von Amerika die anderen Farben-Revolutionen finanziert. Aus dem selben Grund haben die Vereinigten Staaten von Amerika Raketenabwehrsysteme in Polen und in der Tschechischen Republik angekündigt. Aus dem selben Grund haben die Vereinigten Staaten von Amerika den gruslig instabilen Michail Saakashvili in Georgien aufgebaut und massiv militärisch aufgerüstet. Russland umzingeln. Das Weltreich aufrecht erhalten. 2003 war Voronin  unser „Demokrat“, als er mit Russland wegen der abgespaltenen Region Transnistrien übers Kreuz kam und sich weigerte, dem russischen Lösungsplan zuzustimmen. Als sich Voronin später mit den Russen einigte, wurden die langen Messer für ihn gewetzt. Wie ein Beobachter in der Region sagte, richtet sich die derzeitige Revolte gegen die Kommunisten (Voronin), die gestern die Demokraten gegen die Kommunisten in Transnistrien waren. Da soll sich einer auskennen.  

Verlange von fremden Herrschern Gehorsam oder lass sie die Konsequenzen fühlen. Das ist ein Projekt, das nicht nur zum Scheitern verurteilt ist, sondern bereits im Prozess des Scheiterns begriffen ist. Und hat schon jemand bemerkt, dass wir in den Vereinigten Staaten von Amerika einen neuen Präsidenten und eine neue Regierung haben?

* die entsprechenden Links finden Sie im englischen Original dieses Artikels

     
  Daniel McAdams ist außenpolitischer Analyst im US Congress  
  erschienen auf http://www.lewrockwell.com/ am 8. April 2009 > http://www.lewrockwell.com/blog/lewrw/archives/026241.html  
     
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