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  Die Wahrheit über amerikanische und israelische Interessen kommt ans Licht

William Pfaff

PARIS --- Die Beziehung zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Israel hat immer auf einer Reihe von Behauptungen beruht, die für Politiker auf beiden Seiten politisch nützlich waren, aber weil sie nicht den Tatsachen entsprechen, werden sie sich letztlich als zerstörerisch für beide Länder erweisen.

Die Zerstörung hat jetzt begonnen, wo die Behauptungen und Heucheleien zu fallen beginnen. Der Grund dafür kommt von außen und unerwartet. Beschäftigt mit seinen eigenen Interessen und mit den expansionistischen Kräften innerhalb seiner Gesellschaft eines sekulären Zionismus, was in der Likud-Partei zum Ausdruck kommt, und dem entsprechenden durch die millenaristische Religion motivierten Expansionismus hat sich die Regierung Benjamin Netanjahus selbst zu einem Hindernis für die amerikanische militärische Sicherheit und für die Interessen der in der islamischen Welt operierenden militärischen Kräfte der Vereinigten Staaten von Amerika gemacht. 

Das war schon viele Jahre lang offenkundig, wurde aber erst jetzt von militärischen Befehlshabern bestätigt. Wie Mark Perry auf der Website des Magazins Foreign Policy berichtete, informierte ein von General Petraeus vom Zentralkommando entsandtes Team am 16. Januar die Generalstabschefs dahingehend, dass das Verhalten Israels in Bezug auf die Palästinenser jetzt dazu geführt hat, dass die islamischen Kräfte, die mit den Vereinigten Staaten von Amerika kooperieren, wie auch jene, die sie bekämpfen, dazu gebracht hat, zu folgern, dass die Vereinigten Staaten von Amerika schwach sind und ihre militärische Haltung zerrüttet ist durch die amerikanische Komplizenschaft mit Israels Unnachgiebigkeit in der Frage der Palästinenser.

Als das dem Weißen Haus mitgeteilt wurde, war der Schock groß. Die Botschaft selbst war nicht so eine Überraschung wie Nachdruck und Dringlichkeit, die hohe amerikanische Befehlshaber nun dem Problem verleihen. 

Das steckt hinter der Rage von Beamten des Weißen Hauses, Vizepräsident Joseph Biden und Außenministerin Hillary Clinton in der letzten Woche über die absichtliche Demütigung der Vereinigten Staaten von Amerika durch die Regierung Netanjahu, die den Israel-Besuch des Vizepräsidenten zum Anlass nahm, die Errichtung von 1.600 neuen Wohneinheiten in Ostjerusalem anzukündigen, in Gebieten, die von den Palästinensern beansprucht werden und diesen nach Internationalem Recht gehören. Der israelische Ministerpräsident fügte diesen Ankündigungen noch eine persönliche Note der Missachtung hinzu, indem er das „Timing“ bedauerte, sich aber weigerte, die amerikanischen Proteste als gerechtfertigt anzuerkennen.

Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern und der außenpolitische Dialog in beiden Ländern beruhten viele Jahre lang auf einer sehr großen Portion Scheinheiligkeit.

Am 29. September 2008 schrieb Ethan Brommer in der New York Times: „Der (abtretende) Ministerpräsident Ehud Olmert sagte in einem Interview … dass Israel sich aus fast allen Bereichen der West Bank und aus Ostjerusalem zurückziehen muss, um zu einem Frieden mit den Palästinensern zu kommen.“ Das war schon lange allen realistischen israelischen und amerikanischen Beobachtern klar, dennoch erlaubte sich Herr Olmert, ein altgedienter israelischer Politiker, das erst zu sagen, nachdem seine politische Karriere geendet hatte.

Ariel Sharon betrieb die zwangsweise Evakuierung von jüdischen Siedlern aus Gaza aus dem selben Grund. Er sagte, Israel könne nicht erwarten, für alle Zeit über eine palästinensische Bevölkerung zu herrschen, die größer ist als die israelische Bevölkerung. Nicht lange danach traf ihn der Schlag. (Zweifelsohne gibt es orthodoxe Rabbis, die das als Handlung eines erzürnten alttestamentarischen Gottes betrachten, der sich zum Zionismus bekehrt hat.) Sharon liegt noch immer im Koma.

Jetzt hat Netanjahu heraufbeschworen, was der israelische Botschafter in den Vereinigten Staaten von Amerika als die schlimmste Krise zwischen den beiden Ländern in drei Jahrzehnten bezeichnet.

Bis jetzt taten eine Reihe von israelischen Regierungen vor der Weltgemeinschaft so, als würden alle ihre Inbesitznahmen von Land der Palästinenser friedlich in einem endgültigen zwei-Staaten-Abkommen gelöst werden (wenn es je zu einem kommen sollte!). Die Vereinigten Staaten von Amerika taten so, als wäre das wahr, und dass bis dahin ihre formelle Weigerung, Israels Ansprüche auf Jerusalem und auf die Palästinensergebiete anzuerkennen, als Ersatz für eine Außenpolitik anzusehen sei.

Der wichtigste und gefährlichste Vorwand war, dass amerikanische und israelische Interessen im Nahen Osten Hand in Hand gehen. In Wirklichkeit widersprechen sie sich in grundlegenden Belangen. Das amerikanische Interesse in der Region liegt in ständig guten Beziehungen mit den ölproduzierenden arabischen Staaten, die immer zweifelhaft bleiben, so lange die Palästinenserfrage nicht geklärt ist. 

Das amerikanische Interesse hinsichtlich Israels ist ständiger Friede zwischen diesem und seinen Nachbarn. Im Wege steht die mangelnde Bereitschaft der meisten islamischen Regierungen, die Rechtmäßigkeit des israelischen Staates innerhalb seiner derzeitigen Grenzen anzuerkennen, so lange es kein Abkommen mit den Palästinensern gibt. Bis dahin (so sagten die Leute vom Pentagon-Team) muss davon ausgegangen werden, dass die derzeitige feindselige Einstellung von Moslems gegen die Vereinigten Staaten von Amerika, besonders im Mittleren Osten und Südasien anwachsen wird und dass die Kriege der Vereinigten Staaten von Amerika gegen Moslem-Gruppen als imperialistischer Krieg gegen den Islam angesehen werden. 

Israel ist zur Zeit nicht imstande zu sagen, was es wirklich will (sogar wenn es das bekommen könnte), da seine Menschen gespalten sind in der Frage der langfristigen Interessen ihrer Nation. Da besteht eine Allianz zwischen expansionistischen sekulären Zionisten und dem Teil der ultraorthodoxen jüdischen Gemeinschaft, der glaubt, dass Gott in der Bibel seinem Volk das Land vom Nil bis zum Euphrat gegeben hat. Zur Zeit deutet nichts darauf hin, dass diese Prophezeiung erfüllt wird, aber sie sind geduldig. Die überwiegende Mehrheit der Israelis würde wahrscheinlich ein Abkommen mit den Arabern willkommen heißen, das ihnen langfristige Sicherheit innerhalb ihrer derzeitigen Grenzen zusichert – wenn sie das nur bekommen könnten. Wahrscheinlich könnten sie – unter einer anderen Regierung.

Die Jahreskonferenz des Amerikanisch-Israelischen Komitees für Öffentliche Angelegenheiten (AIPAC) ist für nächste Woche angesetzt. Premierminister Netanjahu und Außenministerin Clinton sollen beide dort sprechen. Das wird eine interessante Angelegenheit werden.

 
     
  Erschienen am 18. März 2010 auf > http://www.antiwar.com > http://original.antiwar.com/pfaff/2010/03/17/the-truth-about-american-and-israeli-interests-comes-out/   
     
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