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Strauss-Kahn. „Unschuldsvermutung“. Das Establishment eliminiert eine Bedrohung

Paul Craig Roberts

Die Polizei und die prostituierten Medien machten es unmöglich fürDominique Strauss-Kahn, ein faires Verfahren zu bekommen. Ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe seiner Verhaftung aufgrund des Verdachtes der sexuellen Belästigung eines Zimmermädchens, und noch bevor eine Anklage erhoben wurde, waren die Angaben der Polizei so gehalten, dass der Eindruck geschaffen wurde, dass der Direktor des Internationalen Währungsfonds schuldig ist. Zum Beispiel teilte die Polizei den Medien, die das pflichtgemäß der Öffentlichkeit weiter vorkotzten, mit, dass Strauss-Kahn in einer derartigen Eile gewesen sei, vom Tatort wegzukommen, dass er sein Mobiltelefon zurückließ. Die Polizei brachte auch die Geschichte heraus, dass sie durch Anrufe bei den Fluggesellschaften und Überprüfung der Passagierlisten es schaffte, den flüchtigen Vergewaltiger zu schnappen, gerade als sein Flugzeug dabei war, in Richtung Frankreich zu starten. 

Eine Richterin in New York versagte Strauss-Kahn eine bedingte Entlassung gegen Kaution aufgrund des von der Polizei verursachten Missverständnisses, dass er versucht habe, aus dem Land zu flüchten.

Sobald er im Gefängnis war, gab die Polizei bekannt, dass Strauss-Kahn unter Suizid-Beobachtung stehe, was möglicherweise der Öffentlichkeit den Eindruck vermittelt, dass der beschuldigte Vergewaltiger sich das Leben nehmen könnte, um der öffentlichen Demütigung zu entkommen, die mit einem Schuldspruch vor Gericht verbunden ist.

Was allerdings wirklich geschah, angenommen, dass man auch aus Presseberichten etwas erfahren kann, ist, dass Strauss-Kahn, nachdem er am Flughafen J. F. Kennedy eintraf, um seinen Flug anzutreten, entdeckte, dass er sein Mobiltelefon nicht dabei hatte und das Hotel anrief, den Tatort seines mutmaßlichen Verbrechens. Es ist kaum vorstellbar dass es jemanden gibt, der glaubt, dass eine Person, die nach einem begangenen Verbrechen flüchtet, am Tatort anruft, nach dem vergessenen Handy fragt und mitteilt, wo sie sich befindet.

Dann geht´s weiter Schlag auf Schlag, es stinkt nach Inszenierung – eine französische Frau tritt auf und erklärt, dass sie vor zehn Jahren von Strauss-Kahn fast vergewaltigt wurde. Als nächste folgte Kristin Davis, die Manhattan Madam der Prostituierten, die Eliot Spitzer den Garaus machte, ehe er die Banksters der Wall Street fassen konnte, und trat auf mit der Bekanntmachung, dass eines ihrer Call Girls sich weigerte, Strauss-Kahn ein zweites Mal zu bedienen, weil er beim Sex zu grob gewesen sei. 

Nachdem die Jagdsaison eröffnet ist, kann jede Frau, deren Karriere Publizität gut täte, oder deren Bankkonto eine Entschädigungszahlung begrüßen würde, vortreten und behaupten, Opfer oder beinahe Opfer Strauss-Kahns gewesen zu sein.

Das heißt nicht, dass bestritten werden soll, dass Strauss-Kahn einen zügellosen Appetit nach Sex gehabt haben könnte, der ihn zu Fall brachte. Es heißt aber, dass lange, bevor eine Jury von dem Zimmermädchen hört, oder von einem Staatsanwalt, der für das Zimmermädchen spricht, „das zu traumatisiert ist, um vor Gericht zu erscheinen,“ die Jury zu dem Urteil programmiert worden ist, dass er schuldig ist. 

Warum sollte er davonlaufen, wenn er es nicht getan hat?

Sehrt nur alle die Frauen, mit denen er etwas gehabt hat!

Das sagt alles.

Ich habe über die Anomalien dieses Falles geschrieben. Eine der frappierendsten sind die bestätigten Berichte in der französischen und britischen Presse, dass ein politischer Aktivist für den französischen Präsidenten Sarkozy, Jonathan Pinet, die Nachricht von Strauss-Kahns Verhaftung an Arnaud Dassier weitergegeben hat, einen Spindoktor, der für Sarkozy arbeitet, noch bevor sie von der New Yorker Polizei bekanntgegeben wurde.

Pinets Erklärung dafür, dass er der erste war, der es erfuhr, ist dass ein „Freund“ im Hotel Sofitel, wo das angebliche Verbrechen begangen wurde, es ihm mitgeteilt habe. Ist es nur ein Zufall, dass die Männer, die den Auftrag hatten, die Bedrohung der Wiederwahl des französischen Präsidenten Sarkozy durch Strauss-Kahn aus der Welt zu schaffen, einen Freund im Hotel Sofitel sitzen hatten? Hat vielleicht die Polizei den „Freund“ informiert, ehe sie die öffentliche Ankündigung machte? Wenn ja, warum?

Was mich bei der Affäre Strauss-Kahn beschäftigt ist, dass, wenn die Polizei über Beweise verfügt, die ihre Vermutung seiner Schuld unterstützen, es für die Polizei sinnlos ist, Strauss-Kahn in die Medien zu bringen. Normalerweise gibt es derlei Aktionen nur, wenn es keinen Beweis gibt oder wenn der Beweis gefälscht werden muss und einer Überprüfung nicht standhalten kann.   

Als einer, der selbst eine Karriere in Washington hinter sich hat, finde ich andere Aspekte des Falles beunruhigend. Strauss-Kahn hatte sich als Bedrohung für das Establishment herausgestellt. Umfragen zeigten, dass er als sozialistischer Kandidat klarer Favorit gegenüber dem amerikanischen Kandidaten Sarkozy in der nahenden französischen Präsidentenwahl war. Vielleicht war es nur wahltaktisches Geplänkel, um beim Sieg über Sarkozy zu punkten, aber Strauss-Kahn deutete an, dass er beabsichtige, den Internationalen Währungsfonds wegzuführen von seiner bisherigen Politik, die Armen für die Fehler der Reichen zahlen zu lassen. Er sprach von der Stärkung gemeinsamen Handels und von der Neustrukturierung von Hypotheken, Steuern und Ausgabenpolitik in die Richtung, dass die Wirtschaft den einfachen Menschen und nicht nur den Banksters dienen sollte. Strauss-Kahn sagte, dass die Regulierung der Finanzmärkte wieder eingeführt werden müsse und legte nahe, dass eine ausgewogenere Verteilung von Einkommen gefragt sei.

Diese Bemerkungen, zusammen mit einem wahrscheinlichen Sieg über Sarkozy in der französischen Wahl, machte Strauss-Kahn zu einer doppelten Herausforderung für das Establishment. Den dritten Streich gegen ihn bildete der vor kurzem erschienene Bericht des IWF, der besagte, dass China die Vereinigten Staaten von Amerika innerhalb von fünf Jahren als größte Wirtschaft der Welt überholen werde.

Menschen, die ihr Berufsleben nicht in Washington verbracht haben, werden vielleicht die Drohung für Washington nicht verstehen, die in dem IWF-Bericht liegt. Ob verdient oder nicht, der IWF verfügt über eine hohe Glaubwürdigkeit. Durch die Platzierung Chinas als Nummer eins am Ende der nächsten Amtszeit des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika stieß der IWF einen Dolch durch das Herz der amerikanischen Hegemonie. Washingtons Macht beruht auf Amerikas wirtschaftlicher Überlegenheit. Der IWF-Bericht sagt, dass diese Überlegenheit ihr Ende erreicht hat.

Diese Art von Bekanntmachung sagt der politischen Welt, dass, wie die Überschrift lautet, „das amerikanische Zeitalter vorbei ist.“ Das erste Mal seit Jahrzehnten können andere Länder die Aussicht erkennen, der Beherrschung durch die Vereinigten Staaten von Amerika zu entkommen. Sie müssen nicht mehr Marionettenstaaten sein, Teile des herrschenden Imperiums. Sie sehen die Aussicht, ihren eigenen Völkern zu dienen und ihren eigenen Interessen anstatt denen Washingtons. Europäische Länder zum Beispiel, die gezwungen sind, für Washington in Afghanistan und Libyen zu kämpfen, sehen Licht am Ende des Tunnels. Sie können jetzt daran denken, sich zu weigern.

Obwohl reich und Mitglied des Establishments und ungeachtet seines Verhaltens gegenüber Frauen machte Strauss-Kahn den Fehler, erkennen zu lassen, dass er ein soziales Gewissen haben könnte. Entweder dieses soziale Gewissen oder die Überheblichkeit der Macht brachte ihn dazu, die amerikanische Überlegenheit herauszufordern. Das ist ein unverzeihliches Verbrechen, für das er bestraft wird.

Mein Freund Alexander Cockburn, ein intelligenter und zivilisierter Mensch, der von den Rechten als Kommunist verspottet wird, hat nicht meine Erfahrung in Washington. Er glaubt daher, dass die Fakten herauskommen werden, obwohl er offenbar lieber haben möchte, dass sie auf Seiten des Zimmermädchens herauskommen werden und nicht zugunsten Strauss-Kahns.

Wäre Alex der Bolschewik, der er angeblich sein soll, dann wüsste er, dass keine hochrangige Figur, die dem Establishment gedient hat, aufgrund der Aussage eines eingewanderten Zimmermädchens zugrunde gerichtet wird, das in Untermiete in einem Haus für Aidsopfer wohnt. Bereits die Ansicht, dass das Establishment der Vereinigten Staaten von Amerika Gerechtigkeit in diesem Ausmaß begehrt, ist völlig absurd. Amerikaner sind so gleichgültig gegenüber Unrecht, dass die amerikanische Öffentlichkeit hunderttausende Frauen, Kinder und Alten achselzuckend abtut, die vom Militär der Vereinigten Staaten von Amerika ermordet, verstümmelt, enteignet und vertrieben werden, in Irak, Afghanistan, Pakistan, Jemen, Libyen, Somalia, und wo immer Washington und der Militär/Sicherheitskomplex, während sie sich mit Macht und Profit mästen, behaupten können, Amerikaner vor „Terroristen“ zu beschützen oder den Heiden die Demokratie zu bringen.   

Das amerikanische System der Strafjustiz ist durchlöchert mit falschen Verurteilungen und stinkt nach Unrecht. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben eine viel höhere Gefangenenquote als angebliche autoritäre Regimes wie etwa China, und zerstören routinemäßig die Leben von jungen Menschen und sogar von Müttern von Kleinkindern wegen des Gebrauchs von Drogen.

Die Anklage gegen Strauss-Kahn dient den emotionalen Bedürfnissen von Konservativen, Linken und Feministinnen wie auch Agenden des Establishments. Die Konservativen mögen die Franzosen nicht, weil sie nicht den Überfall der Vereinigten Staaten von Amerika auf den Irak unterstützt haben. Der linke Flügel mag keine reichen Weißen und keine IWF-Funktionäre, und Feministinnen mögen keine Schürzenjäger. Aber sogar wenn sich das Anliegen der Regierung im Gerichtssaal in Luft auflöst, wurde Strauss-Kahn aus dem Rennen um die französische Präsidentschaft genommen und aus dem IWF. Das, nicht Gerechtigkeit für eine Immigrantin, ist die Angelegenheit, um die es geht.

Viele Amerikaner können nicht verstehen, dass die Behörden eine Bedrohung dadurch beseitigen, dass sie einen anschwärzen. Da ist schon sehr viel schlimmeres passiert. Francesco Cossiga, ehemaliger italienischer Ministerpräsident, enthüllte, dass viele der Bombenanschläge in Europa in den 60er, 70er und 80er Jahren, die den Kommunisten in die Schuhe geschoben wurden, in Wirklichkeit Operationen „unter falscher Flagge“ waren, ausgeführt von CIA und italienischem Geheimdienst, um Wähler von der kommunistischen Partei abzuschrecken. Cossigas Enthüllungen führten zu einer parlamentarischen Untersuchung, in der der Mitarbeiter des Geheimdienstes Vincenzo Vinciguerra aussagte: „Man musste Zivilisten attackieren, die Menschen, Frauen, Kinder, unschuldige Menschen, unbekannte Menschen, weit entfernt von jedem politischen Geschehen. Der Grund war ganz einfach: die Öffentlichkeit zu zwingen, sich an den Staat zu wenden und mehr Sicherheit zu fordern.“  

Wenn demokratische Regierungen Unschuldige aus politischen Gründen ermorden, warum sollten sie nicht jemanden anschwärzen? Ob unschuldig oder schuldig, Strauss-Kahn ist schon vor seinem Verfahren vorverurteilt worden.

 
     
  erschienen am 20. Mai 2011 auf > GlobalResearch > Artikel  
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