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  Die Moslems warn´s

 

„Ich sah, wie Menschen erschossen wurden. Ich versuchte, so still wie möglich zu sitzen. Ich versteckte mich hinter ein paar Steinen. Ich sah ihn einmal, nur 20, 30 m von mir entfernt. ‚Ich dachte, jetzt bin ich dran,’“ berichtete der junge Überlebende einem Reuters-Reporter. „Ich dachte an alle Menschen, die ich liebe.“  

Und das ist der Moment, mit all seinen politischen Dimensionen und Schrecken: mehr geht nicht. Junge Menschen – Teenager – werden verfolgt und methodisch ermordet in ihrem bukolischen Sommerlager auf der Insel Utoya in Norwegen. In Gottes Namen, warum?

Das ist die Frage, die wir uns unmittelbar stellen, mit angehaltenem Atem. Warum? Die Frage übersteigt jede Antwort, die wir uns ausdenken. Der Killer Anders Behring Breivik verfolgte natürlich eine Agenda. Die Morde auf Utoya in Verbindung mit den Toten in Zusammenhang mit der Bombe, die er kurz zuvor in Oslo gezündet hatte – 76 Opfer insgesamt – waren explizit politisch motivierte Tötungen; in erster Linie waren sie das Ergebnis eines psychosozialen Knacks in der menschlichen Natur, einer düsteren Befugnis, Böses zu tun im Namen des Guten, die Breivik, der selbsternannte Tempelritter, sich in seinem persönlichen Wahnsinn anmaßte.

Warum?

Bevor wir uns ausführlich mit der Antimoslem-, Antieinwanderer-, Tod dem Multikulturalismus-Agenda des Mörders beschäftigen – was gar nichts bringt in Bezug auf die Antworten, die wir auf der tiefsten emotionalen Ebene suchen – müssen wir, glaube ich, zur Kenntnis nehmen: jede politische „Seite,“ jeder aufrechte an eine Sache Glaubende kann sich die gleiche düstere Befugnis anmaßen wie Breivik. Das ist die ständig präsente Versuchung: so im Recht zu sein, dass wir rechtfertigen können, unsere Feinde zu entmenschlichen und zu töten.

Für mich stellt sich nach jeder kalt geplanten Schlächterei, sei sie politisch oder individuell, die Frage: wie können wir unser kollektives Risiko minimieren, das von bewaffneten wahren Gläubigen und rechtschaffenen Bedrückten droht?

Am Tag nach der Tragödie gab der Bürgermeister von Oslo die komplexe Antwort so einfach wie möglich: „Ich glaube nicht, dass Sicherheitsmaßnahmen Probleme lösen können. Wir müssen größeren Respekt lehren.“ 

Die größeren Medien mit ihrer großen Reichweite und Selbstzufriedenheit verschwendeten wenig Zeit, sich mit den hier aufgeworfenen Fragen zu beschäftigen oder sich in entsetzter Unsicherheit über die Grenzen ihrer politischen Komfortzonen hinauszuwagen. Es war abzusehen, dass sie auf die weniger bedeutende Frage von Breiviks politischer Agenda eingehen würden, wobei dem 1.500 Seiten „Manifest,“ das er geschrieben hatte, viel Aufmerksamkeit gewidmet wurde (das durch seinen Amoklauf erfolgreich in die Öffentlichkeit gelangt war), über die Befreiung Europas aus den Fängen der Ungläubigen und liberalen Weicheier. 

Anders gesagt, die größeren Medien versagten total – wie üblich – bei der Behandlung des Themas Gewalt an sich und deren Ursachen, und glitten hinein in Analysen von Standpunkten und Ansichten. Die finstere Irrelevanz dieser Analysen – zumindest in Abwesenheit von tiefer gehender und komplexerer Berichterstattung – kam zum Ausdruck in der ersten Welle von auf Irrtümern beruhenden Kommentaren, welche herauskamen, noch ehe genau bekannt war, wer das Verbrechen verursacht hatte. Einige Experten, Reporter und Redakteure konnten es nicht erwarten und gaben die Schuld ... oh Gott ... muslimischen Terroristen! Und die Neuigkeiten gingen hinaus. 

„Norwegen hat sich von den Jihadis nicht viel Dankbarkeit erkauft, indem es sich aus dem Irakkrieg herausgehalten hat, oder mit der Forderung von Ministerpräsident Jens Stoltenberg, Israel müsse seine Grenze zu Gaza öffnen, oder für seine Aufrufe zur Bildung einer palästinensischen Einheitsregierung zwischen der Fatah und deren terroristischem Vetter Hamas.“

So das Wall Street Journal in seinem Leitartikel in der ersten Ausgabe der Zeitung, die nach der Schießerei herauskam (von David Dayen in FireDogLake), das sofort seine antiislamische Axt schärfte und eine Hetzrede im Stil des neokonservativen Clash-of-Civilisations (Zusammenprall der Zivilisationen) von Stapel ließ. Oh die Unschuld des freiheitsliebenden Westens! Und Jennifer Rubin von der Washington Post, die uns daran erinnerte, dass die Bush-Cheney-Doktrin lebt, nützte die Gelegenheit, eine Steigerung der Verteidigungsausgaben zu fordern, damit wir weiterhin al-Qaeda bekämpfen können.  

Nicht besonders überraschend schob Fox News die Schuld an den Morden in Norwegen muslimischen Terroristen in die Schuhe und stellte zur Bestätigung gleich eine falsche Geschichte dazu, mit einem Bericht, der das geplante islamische Kommunikationszentrum in der Nähe des ehemaligen World Trade Centers heftig kritisierte.

Und sogar die New York Times tat sich schwer damit, sich von der Idee zu verabschieden, dass muslimische Terroristen die norwegischen Teenager umgebracht hätten oder zumindest als geistige Geschwister und Lehrer für Übeltäter mit anderen politischen Absichten zu betrachten wären. Ihr Ansatzpunkt war, dass alles Böse sich auf der anderen Seite des Kriegs gegen den Terror zusammenrottet. Ganz egal, wer die Norweger umgebracht hat, muslimische Extremisten sind immer die Bösen. Und unsere Hände und unsere Kriege sind rein.

Das ist schlimmer als schlechte Berichterstattung. Das ist eine massive Verschleierung der Wurzeln menschlicher Gewalt. Was, wenn Breivik, der immerhin eine Fähigkeit zu minuziöser Planung demonstriert hat, es geschafft hätte, eine Drohne zu stehlen, oder – warum nicht - selbst zu bauen und die Insel Utoya aus der Sicherheit seiner Wohnung heraus bombardiert hätte? Hätte das die Moslems entlastet? 

„Als sie näher kamen, sah ich, dass der Lastwagen durchlöchert war von Kugeln und Granatsplittern – und voll mit toten Aufständischen, enthaupteten Leichen. Ich werde das nie vergessen. Ein sehr junger Gefreiter auf der Ladefläche hob einen Kopf hoch. ‚Wir haben es diesen Typen gezeigt, nicht wahr?’ Andere Soldaten feierten auf den Leichen. Bei den Toten handelte es sich hauptsächlich um Jugendliche aus der näheren Umgebung.“

Dieses Bruchstück aus einer Aussage des Irakkriegsveteranen Jeffrey Smith bei der Winter Soldier Zeugnisveranstaltung 2008 in Silver Spring, Maryland, entlarvt die Lüge von guten Seiten und bösen Seiten. Anders Behring Breivik ist unsere Schöpfung. 

 
     
  Robert Koehlers Artikel erscheinen auf COMMONWONDERS.COM > Artikel , HUFFINGTON POST und vielen weiteren Websites und Zeitungen  
     
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