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  Wie die CIA Dr. Schiwago zu einer Waffe machte

Paul Craig Roberts

 

Amerikanische Propaganda im Kalten Krieg hatte wenig, wenn überhaupt mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion zu tun. Wie auch immer, durch die Dramatisierung der sowjetischen Verlogenheit machte sie die Welt blind gegenüber der Verlogenheit Washingtons.

Als die sowjetischen Behörden sich weigerten, das Meisterwerk des prominenten sowjetischen Schriftstellers Boris Pasternak “Dr. Schiwago“ zu veröffentlichen, machte die CIA daraus einen Propagandastreich. Ein italienischer Journalist und Mitglied der kommunistischen Partei hörte von dem unterdrückten Manuskript und bot an, das Manuskript dem italienischen kommunistischen Verleger Giangiacomo Feltrinelli zukommen zu lassen, der das Buch gegen sowjetische Einwände 1957 in italienischer Sprache veröffentlichte. Feltrinelli glaubte, dass Dr. Schiwago ein Meisterwerk war und dass es dumm war von der sowjetischen Regierung, nicht das Verdienst für das Werk ihres größten Schriftstellers in Anspruch zu nehmen. Stattdessen spielte ein dogmatischer und starrer Kreml in die Hände der CIA.

Die Sowjets machten einen solchen Stunk wegen des Buchs, dass die Kontroverse das Profil des Buches steigerte. Gemäß seit vor kurzem freigegebenen CIA-Dokumenten betrachtete die CIA das Buch als eine Gelegenheit, die Sowjetbürger mit der Frage zu konfrontieren, warum ein Roman eines dermaßen prominenten russischen Schriftstellers nur im Ausland erhältlich war. 

Die CIA veranlasste, dass eine russische Ausgabe verlegt und auf der Weltausstellung 1958 in Brüssel an sowjetische Bürger verteilt wurde. Der Propagandastreich war perfekt, als Pasternak im Oktober 1958 den Nobelpreis für Literatur bekam.

Der Gebrauch von Pasternaks Roman, um das Vertrauen der sowjetischen Bürger in ihre Regierung zu unterminieren, hielt an bis 1961. In diesem Jahr war ich ein Mitglied im sowjetisch-amerikanischen Studentenaustauschprogramm. Wir wurden animiert, Ausgaben von Dr. Schiwago mit uns zu nehmen. Es wurde uns gesagt, dass es unwahrscheinlich war, dass sowjetische Zollinspektoren Englisch konnten und die Buchtitel erkennen konnten. Wenn wir gefragt wurden, sollten wir sie als „Reiselektüre“ angeben. Wenn Ausgaben erkannt und beschlagnahmt wurden, war das auch kein Problem. Die Bücher waren zu wertvoll, um zerstört zu werden. Die Zollbeamten würden sie zuerst selbst lesen und sie dann auf dem Schwarzmarkt verkaufen, was eine effiziente Möglichkeit der Verbreitung darstellte.

Einen Bericht der Washington Post finden Sie hier (> LINK), die freigegebenen CIA-Dokumente hier (> LINK) – leider nur in Englisch.

Was mir an den CIA-Memos ins Auge fällt, ist wie sehr die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika heute der sowjetischen Regierung im Jahr 1958 ähnelt. Der Chef der Sowjetabteilung der CIA beschrieb in einem Memorandum im Juli 1968, warum Dr. Schiwage für die sowjetische Regierung eine Bedrohung war. Die Drohung lag begründet in „Pasternaks humanistischer Botschaft, dass jeder Mensch das Recht auf ein Privatleben hat und als menschliches Wesen Respekt verdient.“

Sagen Sie das der Nationalen Stasi Agentur und der Heimatlandsicherheit und den Gefangenen in Guantánamo und in den Foltergefängnissen der CIA. In den Vereinigten Staaten von Amerika gibt es keinen Privatbereich mehr. Die NSA sammelt und speichert jedes e-mail, jeden Kauf mit einer Kreditkarte, jedes Telefongespräch, jede Suche im Internet, jeden Gebrauch von sozialen Medien jedes Bürgers. Pasternak hatte viel mehr Privatsphäre, als heute ein Amerikaner hat. Sowjetische Reisende wurden nicht der Begrabschung ihrer Genitalien und Pornoscans unterzogen. Die Strafen, welche Sowjetbürger bekamen, wenn sie für die Regierung unbequeme Wahrheiten äußerten, waren nicht strenger als die Strafen,die gegen Chelsea (Bradley) Manning, Julian Assange und Edward Snowden verhängt werden.

Heute haben russische Bürger mehr Freiheiten, ein privates Leben zu führen, als Amerikaner, und die russischen Medien sind lebendiger und kritischer gegenüber der Regierung als die amerikanischen Medien. Wie ich in einer meiner Kolumnen geschrieben habe: als das kommunistische Ostdeutschland sich auflöste, zog die Stasi nach Washington.

     
  erschienen am 8. April 2014 auf > Paul Craig Roberts Website  
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