HOME     INHALT     INFO     LINKS     VIDEOS     ARCHIV     KONTAKT
 
     
 
"Europa krümmt sich wie der Wurm, ehe ihn der Stiefel zertritt." - Karl Kraus
"Fuck the EU" - Victoria Nuland
 
     
  Griechenland-Abstimmung im Bundestag:

Inszeniertes Theater vor aufziehendem Finanz-Tsunami

Ernst Wolff

 

Die deutschen Mainstream-Medien haben sich tagelang auf die Griechenland-Abstimmung im Bundestag konzentriert. Ob in TV-Talk-Shows, in Nachrichtensendungen oder in den Schlagzeilen der Printmedien – überall stand das Thema an erster Stelle, und das, obwohl das Ergebnis der Abstimmung lange vorher feststand. Warum?

In einer Zeit kontinuierlich abnehmender Glaubwürdigkeit von Politik und Medien sollte offensichtlich mit aller Macht der Eindruck einer funktionierenden parlamentarischen Demokratie erweckt werden. Zu diesem Zweck wurde einmal mehr das Bild des schwer geplagten Abgeordneten bemüht, der mit seinem Gewissen ringt, um „schwierige“ politische Entscheidungen zu treffen.

Dieses mit großem Aufwand inszenierte Schauspiel ist momentan besonders wichtig, da sich derzeit die Alarmzeichen am Himmel des Finanzsystems erheblich verdichten. Die globale Realwirtschaft stagniert oder schrumpft, an den Aktien-, Anleihe- und Immobilienmärkten haben sich größere Blasen als vor 2008 gebildet. Die weltweite Verschuldung liegt mit knapp 200 Billionen US-Dollar auf einem Rekordwert und der Derivate-Sektor (der Sektor, der 2008 zum Beinahe-Crash geführt hat.) ist um 20 % gewachsen. Begleitet wird das Ganze vom Wirtschaftsrückgang in China und den übrigen BRICS-Staaten, dem Preissturz bei den Rohstoffen und dem sich dramatisch beschleunigenden Abzug von Krediten aus den Schwellenländern.

Verschärfend hinzu kommt die Tatsache, dass das Gelddrucken der EZB (die seit März dieses Jahres tagtäglich 2 Mrd. Euro in das System pumpt) zunehmend wirkungslos verpufft und die Zinsen bereits bei 0,05 Prozent liegen, eine weitere Senkung also keinen nennenswerten Effekt haben würde. Die ernüchternde Erkenntnis: Während sich die Lage dramatisch verschlechtert hat und die Risiken größer geworden sind als vor sieben Jahren, sind die zur Beherrschung einer Systemkrise notwendigen Mittel aufgebraucht.

Die Hilflosigkeit der Verantwortlichen angesichts dieser katastrophalen Situation ließ sich vor der Bundestagsabstimmung an der Diskussion über die weitere Strategie gegenüber Griechenland ablesen: Seitdem der IWF eine Gewährung zusätzlicher Kredite von einem Schuldenschnitt abhängig gemacht hat, denken die europäischen Unterhändler, die einen solchen Schuldenschnitt ablehnen, öffentlich über eine Schuldenstreckung auf einen Zeitraum von sechzig bis hundert (!) Jahren nach.

Auch wenn die Mainstream-Medien Tag für Tag etwas anderes behaupten: Nicht nur Griechenland, sondern das gesamte 2008 mit dem Geld der Steuerzahler gerettete globale Finanzsystem befindet sich derzeit in allerhöchster Not. Zudem ist auch die Stabilität des politischen Systems aufs höchste gefährdet, denn einer stetig wachsenden Zahl von Menschen wird immer klarer: Alle Versprechungen nach dem Crash von 2008 waren nichts als Lügen. Die Politik hat die Finanzindustrie zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd in ihre Schranken gewiesen oder gar reguliert. Im Gegenteil: Großbanken, Hedgefonds und andere internationale Finanzinstitutionen bestimmen den Lauf der Welt heute unumschränkter als je zuvor und ihre Kriminalität wird, wie die vielen Enthüllungen um Markt-Manipulationen zeigen, mit jedem Tag deutlicher. Genauso wie die immer schwerer zu verhüllende Tatsache, dass Mainstream-Medien und Politiker nichts anderes tun, als den Menschen die Interessen der Finanzindustrie als die eigenen zu verkaufen.

Soweit die Vorzeichen, unter denen am Mittwoch die Griechenland-Abstimmung im Bundestag stattfand und bei der es nicht etwa um ein Abwägen von Inhalten oder den Austausch von Argumenten ging. Ziel der Inszenierung war es, die bereits von nicht gewählten EU-, EZB- und IWF-Technokraten gefassten Beschlüsse zur Stabilisierung des Finanzsystems auf Kosten der weiteren Verelendung der schwächsten Teile der griechischen Bevölkerung mit einem offiziellen Stempel zu versehen. Auf diese Weise sollte der Eindruck erweckt werden, dass die deutsche Bevölkerung in ihrer Mehrheit hinter ihrer Regierung steht. Außerdem sollte der Bevölkerung durch Live-Übertragungen auf zahlreichen Fernsehsendern noch einmal in geballter Form das Lügengerüst präsentiert werden, auf das sich die angebliche „Griechenland-Rettung“ stützt.

Finanzminister Schäuble erhielt zum xten Mal die Gelegenheit, die Unwahrheit vom „guten Weg, auf dem sich Griechenland im letzten Jahr befand“ zu verbreiten und sich damit erneut in die ideologischen Fußstapfen eines allseits bekannten Politikers zu begeben, der bereits vor achtzig Jahren erkannte, dass eine Lüge nur oft genug wiederholt werden muss, um sich im kollektiven Bewusstsein des deutschen Volkes einzubrennen. Auch der Begriff „Hilfspaket“ für die an härteste Bedingungen geknüpften zinspflichtigen Kredite, von denen die meisten auf direktem Weg auf die Konten internationaler Finanzinstitutionen fließen, dient einzig und allein der Irreführung der Öffentlichkeit und muss auf die arbeitende griechische Bevölkerung, insbesondere auf Arbeitslose, Rentner und ihrer Zukunft beraubte Jugendliche wie reiner Hohn wirken.

Jedem der Abstimmungsberechtigten am Mittwoch war klar, dass das verabschiedete Paket keinesfalls dazu beitragen wird, Griechenland in irgendeiner Weise wirtschaftlich auf die Beine zu bringen oder auch nur die Voraussetzungen für eine Verbesserung seiner Lage zu schaffen. Sein einziger Zweck dient der Stützung eines längst bankrotten Landes zum Zwecke der Zufriedenstellung seiner Gläubiger und der weiteren Plünderung seiner Ressourcen durch internationale Investoren, die bereits wie die Geier über dem Land kreisen.

Dass einige Abgeordnete während der Debatte auch das Leid der griechischen Bevölkerung erwähnten, die Maßnahmen als unmenschlich kritisierten und das einige Dutzend Parlamentarier am Ende aus unterschiedlichen Gründen gegen das Paket stimmten, war für die Regierenden keinesfalls, wie in den Medien behauptet, „ein Schlag ins Gesicht“. Im Gegenteil: Es war ganz in ihrem Sinne, denn es trägt dazu bei, die eigene anti-demokratische Haltung zu kaschieren, der Durchsetzung diktatorischer Maßnahmen einen Hauch von Glaubhaftigkeit zu verleihen und der Gesamtinszenierung damit den beabsichtigten pseudo-demokratischen Deckmantel umzuhängen.

 
     
  Ernst Wolff, 20. August 2015  
  Archiv > Artikel von Ernst Wolff auf antikrieg.com  
  Video > KenFM im Gespräch mit: Ernst Wolff - "Weltmacht IWF"
 
 
Ernst Wolff: Weltmacht IWF – Chronik eines Raubzugs >>> LINK
Ernst Wolff widmet sein Buch „den Menschen, die es nicht lesen können, weil der IWF ihnen den Besuch einer Schule verwehrt hat“. Bereits auf den ersten Seiten weist er nach, dass die Gründung des IWF nicht etwa, wie von vielen behauptet, der Errichtung und Stärkung eines gesunden globalen Währungssystems diente. Vielmehr stand dieser ganz im Zeichen der Neuordnung der Welt nach dem zweiten Weltkrieg. Hauptziel seiner Errichtung war es, die Dominanz der neuen Weltmacht USA zu zementieren. (Sabine Feininger)
 
 
Einige Lesetips aus dem Archiv:
  Paul Craig Roberts - Griechenland und die Situation der Europäischen Union
  Institute for Public Accuracy - Wer ist der Versagerstaat: Griechenland oder die Europäische Union?
  Greg McInerney - Die Ruinierung Irlands
  Jim Naureckas - Führende Zeitungen hetzen zum ‚Schwersten Internationalen Verbrechen’ auf
  Susanne Kablitz - Die Magie der Angst
  Paul Craig Roberts - Russland hat im Westen Feinde, keine Partner
  Paul Craig Roberts - Es ist Zeit für den Iran, sich vom Westen zu verabschieden
  Ismael Hossein-zadeh - Das Chaos im Mittleren Osten und darüber hinaus ist geplant
  Glen Ford - Obamas Krieg gegen die Zivilisation
  Jonathan Turley - Das Große Geld hinter dem Krieg: der militärisch-industrielle Komplex
 
  Im ARCHIV finden Sie immer interessante Artikel!  
  Die Weiterverbreitung der Texte auf dieser Website ist durchaus erwünscht. In diesem Fall bitte die Angabe der Webadresse www.antikrieg.com nicht zu vergessen!  
  <<< Inhalt